Den Schweizern ist ihre Versicherung teuer

Obligatorische Deckungen gegen Naturgefahren sorgen für hohe Belastungen · Politik bestimmt Regeln der betrieblichen Altersversorgung

Von Herbert Fromme Der Kontrast könnte kaum größer sein. In den Bilanzen der deutschen Versicherungen hinterließ das Hochwasser in Bayern im August dieses Jahres kaum Spuren, Marktführer Allianz beziffert die Belastungen auf 30 Mio. Euro. Die Überflutungen in der Schweiz dagegen kosten die Assekuranz des Alpenlandes mindestens 1,3 Mrd. Franken oder 843 Mio. Euro. Während die deutschen Gesellschaften exponierte Risiken wie Unwetter kaum zeichnen, gibt es in der Schweiz in fast allen Kantonen einen Zwang zur Versicherung gegen Naturgefahren. Zu den 1,3 Mrd. Franken müssen auch noch Gebäudeschäden addiert werden, die in Teilen der Schweiz durch kantonale Feuerversicherungen gedeckt sind.

Die Schweiz hat ein einheitliches System der Deckung gegen Elementargefahren. Die Versicherung, deren Prämie mit den Zahlungen für die Feuerversicherung eingezogen wird, deckt Schäden durch Hochwasser, Überschwemmungen, Sturm, Hagel, Lawinen und ähnliche Gefahren. Erdbeben sind dagegen ausgeschlossen. Die privaten Gesellschaften haben jedoch ein Notventil in das System eingebaut. Bei Großschäden könnten sie theoretisch ihre Zahlungen auf 250 Mio. Franken begrenzen, alle Geschädigten würden entsprechend geringer entschädigt. Allerdings hat die Assekuranz die Regel nach der Flut im August ausgesetzt und will jetzt die Obergrenze erhöhen.

Die Eidgenossen schätzen ihren Versicherungsschutz sehr, und sie sind bereit, auch dafür zu zahlen. Jährlich gibt jeder Bewohner der Schweiz durchschnittlich 4870 Euro für Versicherungsprämien aus. In Deutschland sind es 1948 Euro.

Die hohen Gewinne aus dem starken Heimatmarkt haben es den Schweizer Versicherern ermöglicht, sehr früh ins Ausland zu expandieren – und die Tatsache, dass der Markt eher klein ist, erzwang den Schritt. Die Swiss Re ist zum weltweit zweitgrößten Rückversicherer aufgestiegen, die Zürich – umbenannt in Zurich Financial Services – macht rund die Hälfte ihres Umsatzes in den USA. Die Rentenanstalt heißt jetzt Swiss Life, auch die Basler ist international aktiv. Die zur Credit Suisse gehörende Winterthur setzt ebenfalls auf die geografische Diversifizierung.

Obligatorische Deckungen gibt es nicht nur bei Naturgefahren. Auch die betriebliche, privat organisierte Altersversorgung ist seit 1985 gesetzlich verpflichtend. Allerdings führt das im Gegenzug dazu, dass sich die Politiker das Recht vorbehielten, die Mindestverzinsung staatlich vorzuschreiben – und mit vier Prozent lange Zeit vergleichsweise hoch zu halten. Das brachte die Lebensversicherer vor drei Jahren in ernste Schwierigkeiten. Sie konnten wegen der Niedrigzinsen und der Aktienkrise den Mindestzins kaum verdienen. Erst 2002 wurde der Wert auf drei Prozent, später auf 2,5 Prozent gesenkt. Zurzeit diskutiert die Kommission für die berufliche Vorsorge eine quasi automatische Anpassung des Zinses an die aktuelle Zinsentwicklung – gegen heftige Opposition der Branche, die unbezahlbare Zinssätze fürchtet.

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Überflutete Straße in Bern: Unwetter im August verursachten Milliardenschäden – Picture-Allianca/dpa

Quelle: Financial Times Deutschland

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