Neuerung soll Kundenbeziehungen verbessern und Kosten senken · Interview mit IT-Chef Schneider
Von Herbert Fromme, München Die Allianz Deutschland wird ihre neue Datenverarbeitung „Allianz Businesssystem“ (ABS) ab Juli 2007 einführen. „Das ist die IT-Seite des gesamten Umbaus der deutschen Allianz“, sagte Ralf Schneider, der Chief Information Officer der Allianz Deutschland, im Gespräch mit der Financial Times Deutschland.
Damit wird der riskanteste Monat für den Versicherer 2007 nicht der sturmträchtige Dezember, sondern der Juli – die Einführung des Systems gilt als komplexe Aufgabe. „Es wäre leichter, wenn wir auf der grünen Wiese hätten anfangen können. Aber wir haben ja Gott sei Dank 20 Millionen Kunden“, sagte Schneider. Das mache die IT-Lösung anspruchsvoller. Die Herausforderung besteht darin, dass Daten über Kunden und ihre Verträge auf den verschiedensten Systemen der Schaden- und Unfall-, Lebens- und Krankenversicherer liegen. „Das ist so, als wenn ich ein gigantisches Wollknäuel vor mir habe. Jedes System ist mit jedem irgendwie verwoben“, sagte Schneider.
Um die Risiken zu minimieren, bedient sich die Allianz eines Tricks: Schneider und seine Abteilung haben eine Datenbank gebaut, die alle Einzelheiten über die Kunden enthält. Gleichzeitig bleiben die alten Systeme zunächst bestehen – die Kundendatenbank tauscht Daten mit ihnen aus. „Erst ab 2008 migrieren wir die alten Bestandssysteme auf ein neues, gemeinsames System“, sagte Schneider.
Allianz-Chef Michael Diekmann hat den deutschen Töchtern einen Umbau verordnet – aus drei Versicherern wird praktisch einer. Bisher können die Mitarbeiter aus der Schaden- und Unfallgesellschaft aber kaum etwas anfangen mit Kundenanfragen zur Lebensversicherung – weil sie die Systeme nicht kennen. Heute hat außer den Vertretern niemand im Unternehmen einen Überblick über die gesamte Kundenverbindung. Das soll mit dem ABS anders werden. Die gesamte Post wird zentral in Berlin geöffnet und eingescannt. Verträge, Schäden, Anfragen können an den verschiedensten Orten bearbeitet werden. Das System schafft die Arbeit dorthin, wo Mitarbeiter Luft haben, ob in München oder Hamburg. Zentrale Callcenter sind für Kunden- und Vertreteranfragen zuständig. Rund 5700 Stellen sollen wegfallen.
„Wenn mich ein Kunde anruft, kann ich dessen Einzelheiten sofort auf den Bildschirm holen“, sagte Schneider. „Stellt sich jetzt heraus, dass ich nicht der Spezialist bin und den Kunden daher weiterverbinde, haben wir künftig die heiße Weiterleitung.“ Wenn der Spezialist den Anruf entgegennimmt, hat er die Kundendaten automatisch auf dem Bildschirm.
Die Allianz passt ein System an, dass die Konzerntöchter in Österreich und der Schweiz unter vielen Problemen eingeführt haben. „Es wäre Unsinn zu glauben, das System läuft einfach so, auch wenn wir in Deutschland zehnmal so viele Kunden haben“, sagte Schneider. „Genauso unrichtig ist es zu glauben, dass es nicht funktionieren kann.“
IT-Umstellungen bei Versicherern sind notorisch schwierig. Das bezeugen große Projekte bei Ergo oder Gothaer, die zu hohen Arbeitsrückständen und großer Unzufriedenheit bei Mitarbeitern führten. „Wir werden nichts in Betrieb nehmen, was nicht funktioniert“, sagte Schneider. Die Umstellung komme die Gruppe vergleichsweise preiswert. „2006 haben wir für das ABS-System und den IT-Umbau rund 47 Mio. Euro aufgewendet, 2007 werden das 72 Mio. Euro sein.“ Das wird aus dem laufenden IT-Budget bezahlt, dessen Höhe Schneider nicht nennen will. Im Markt wird der IT-Kostensatz der Allianz auf 2,5 Prozent der Beiträge geschätzt. „Wenn wir die Verteilung der Arbeit auf unsere neuen Arbeitsgruppen nicht gut hinkriegen, beginnt das System zu schaukeln“, sagte Schneider. „Das passiert auch, wenn wir nicht richtig programmieren.“
Zitat:
„Es wäre leichter, wenn wir auf der grünen Wiese hätten anfangen können“ – Ralf Schneider, Chief Information Officer Allianz Deutschland –
Bild(er):
Fensterputzer bei der Allianz: Der von Vorstandschef Michael Diekmann verordnete Generalumbau betrifft vor allem auch die IT-Seite des Allfinanzkonzerns – Photothek/U. Grabowsky
Quelle: Financial Times Deutschland
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