Ein bekannter Branchendienst hat prognostizierte und tatsächliche Erträge der Lebensversicherer miteinander verglichen. Die Branche schäumt
Herbert Fromme , Köln Eigentlich hatte der renommierte Branchendienst Map-Report aus Artlenburg bei Hamburg gute Nachrichten für die Assekuranz. Der vor allem von Maklern und anderen Vermittlern sehr geschätzte Dienst untersuchte die tatsächliche Rendite von Lebensversicherungen über zwölf, 20 und 30 Jahre. Das Ergebnis: Wer seinen Vertrag über die vereinbarte Laufzeit durchhält und nicht (wie rund 50 Prozent der Kunden) vorzeitig kündigt, konnte sich 2007 im Schnitt über Renditen zwischen 4,73 Prozent und 6,58 Prozent freuen – ansehnlich im Langfristvergleich mit anderen Sparformen.
Allerdings ließen es die Map-Analysten nicht dabei bewenden. Sie verglichen auch die Beispielrechnungen, mit denen Versicherer und Vertreter einst die Kunden lockten, mit dem tatsächlichen Ergebnis. Diese Gegenüberstellung fiel teils weniger schmeichelhaft aus. Immerhin: Wer 1988 bei der Alten Leipziger einen Vertrag über zwölf Jahre mit 1200 Euro Jahresbeitrag abschloss, erhielt eine Beispielrechnung, nach der 2000 ein Betrag von 21 902 Euro ausgezahlt werden sollte, was auch fast klappte: Die Gesellschaft zahlte 21 280 Euro aus oder 97,16 Prozent der Beispielrechnung. Ganz anders bei Verträgen, die 1995 geschlossen wurden: Anstatt der in Aussicht gestellten 21 320 Euro gab es 2007 nur 17 962 Euro oder 84,25 Prozent.
Map-Report-Herausgeber Manfred Poweleit macht dafür vor allem die Anlagepolitik der Versicherer vor der Aktienkrise 2001 und 2002 verantwortlich. Dagegen wehrt sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Die Bedeutung des Aktiencrashes für die Lebensversicherungsperformance wird stark überschätzt“, teilte er mit. Hauptgrund für die schlechteren Leistungen sei das langfristig sinkende Zinsniveau, das in der Berichterstattung „oft unterschlagen“ werde. Zudem würden die Zusammenhänge „nicht korrekt dargestellt“. Beispielrechnungen stellten keine Versprechungen dar, „sondern sind Hochrechnungen unter der Annahme, dass die Überschüsse auf dem Niveau bleiben wie zum Zeitpunkt der Hochrechnung“.
Keine Frage: Die sinkenden Zinsen haben die Erträge geschmälert. Zweifelhaft aber ist die Gleichsetzung von Beispiel- mit Hochrechnungen, die auf Grundlage des Verlaufs allein eines Jahres erstellt werden. „Der Einsatz einjähriger Zahlen als Hochrechnung oder gar Prognose für zwölf, 20 oder 30 Jahre ist ähnlich seriös wie die Behauptung, man könne das Wetter der nächsten 30 Jahre vorhersagen“, sagt Poweleit. „Beim GDV herrscht völlige Orientierungslosigkeit.“
Harte Worte, schließlich hatte die Assekuranz jahrzehntelang mit der Sicherheit der Kapitallebensversicherung geworben und Kunden mit Beispielrechnungen gelockt. Die Unternehmen wetterten in dieser Zeit gegen die vermeintlich „unsicheren“ Fonds und Aktien – und verhoben sich ausgerechnet am Aktienmarkt, zu Lasten ihrer Kunden. Ein Erlebnis, an das sich die Branche offenbar nur ungern erinnert.
Zitat:
„Beim GDV herrscht völlige Orientierungs-losigkeit“ – Manfred Poweleit,Map-Report –
Quelle: Financial Times Deutschland
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