Vor fünf Jahren hat sich die deutsche Assekuranz mit Aktieninvestmentsgehörig die Finger verbrannt. Jetzt setzt die 1000 Mrd. Euro schwere Branche auffestverzinsliche Papiere – auch wenn die wenig abwerfenEuroFTD-Serie Zukunft derInvestoren Folge 4: Versicherungen
Herbert Fromme
D ie Landeskrankenhilfe (LKH) gehört zu den kleineren privaten Krankenversicherern. 420 000 Kunden, 743 Mio. Euro Prämien, Geschäftssitz Lüneburg. Und doch hat das beschauliche Umfeld LKH-Chef Ernst-Wilhelm Zachow nicht daran gehindert, eine forsche Anlagepolitik zu fahren.
Rund 200 Mio. Euro, knapp fünf Prozent der Kapitalanlagen, investierte Zachow bei Lehman Brothers. Nach der Pleite der US-Bank drohte der Totalverlust der Summe. Doch der Vorstandschef und noch mehr seine Kunden, die bei dem Versicherungsverein zugleich Inhaber sind, hatten Glück: Den allergrößten Teil des Geldes hatte Zachow der deutschen Lehman-Tochter in Frankfurt anvertraut. Und für diesen Schaden kommt der Einlagensicherungsfonds der Banken auf.
Stellung möchte Zachow nicht nehmen. Kein Wunder – gilt es in der Branche doch als grober Schnitzer, einen derart hohen Prozentsatz seiner Anlagen bei nur einem Anbieter investiert zu haben. Bei „unter einem Prozent“ liege das maximale Investment der Gothaer Versicherung bei einer Bank, sagt deren Finanzvorstand Jürgen Meisch.
„Die Versicherungs-Kapitalanleger haben viel gelernt aus der Aktienkrise“, sagt Daniel von Borries, Vorstandsmitglied bei der Münchener-Rück-Tochter Ergo. Lehrreich und teuer waren die Jahre 2001 bis 2003, als weltweit die Aktienkurse in den Keller rauschten. „Alle haben gelernt, dass das Thema Mischung und Streuung von Investments viel intensiver betreut werden muss, als es Aufsicht oder Verordnungen festlegen“, sagt von Borries. So trifft die jetzige Krise die meisten Versicherer bisher deutlich weniger stark – es sei denn, sie haben sich wie Marktführer Allianz kräftig im Bankgeschäft engagiert.
Aktien sind nicht angesagt derzeit. „Wenn ein Unternehmen nicht außergewöhnlich hoch kapitalisiert ist, kann es sich nicht leisten, ungesichert in Aktien zu investieren“, sagt Meisch. Da bleibt der Aktienanteil gering. Dirk Schlochtermeyer, Kapitalanlageexperte beim Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV), kann die Zurückhaltung bestätigen: „Anfang 2008 hatten die Versicherer noch zehn Prozent in Aktien investiert, heute im Schnitt sieben.“
Auch Ergo-Manager von Borries, dessen Unternehmen 100 Mrd. Euro angelegt hat, sieht kurzfristig nur wenig Chancen für Aktien. „Die Aktienquoten sind dramatisch geschrumpft.“ Langfristig wolle sich Ergo aber nicht aus dem Aktienmarkt verabschieden. „Das geht dann, wenn die Kursschwankungen geringer werden.“ Auch Vorstand Jochen Herwig von der mittelgroßen LVM-Gruppe in Münster hält Aktien als Anlage für „sehr kritisch, weil sehr volatil“. Hinzu kommt, dass er weiter fallende Börsen erwartet.
Den Kapitalanlegern der deutschen Assekuranz bleiben deshalb vor allem festverzinsliche Papiere, um ihr Geld zu vermehren. „Neben den Pfandbriefen sind Unternehmensanleihen am attraktivsten“, so Borries. Ähnlich geht Meisch von Gothaer vor. „Natürlich müssen wir viel mehr auf Zinsträger setzen.“
Aber Staatspapiere allein können nicht den nötigen Ertrag abwerfen. Allein die Garantieverzinsung, die deutsche Lebensversicherer jedes Jahr ihren Kunden gutschreiben müssen, liegt im Schnitt bei mehr als drei Prozent. Damit aber können sie sich nicht zufriedengeben, denn die Verzinsung ist das Hauptargument im Kampf um Kunden.
Mit „exotischen“, alternativen Anlageformen, die die Verzinsung nach oben treiben könnten, halten sich Versicherer aber zurück. „Die Erwartung, dass etwa Hedge-Fonds als Mittel zur Diversifizierung dienen, hat sich so nicht bewahrheitet“, sagt Meisch. „Die Intransparenz, die extrem schlechte Handelbarkeit und die Verluste tun weh.“
Montag lesen sie: Hedge-Fonds
Quelle: Financial Times Deutschland
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