Rückversicherer
Herbert Fromme
Die Aktie des weltgrößten Rückversicherers Munich Re kostete vor zehn Jahren 400 Euro, heute sind es nur noch 110 Euro. Obwohl die Gesellschaft die Finanzkrise gut überstanden hat, misstrauen ihr die Finanzmärkte. Zwar geht das dem größten Erstversicherer Europas, der Allianz, ähnlich. Und Rivale Swiss Re muss aus Investorensicht noch härtere Rückschläge hinnehmen. Doch das ist ein schwacher Trost für die Manager der Munich Re. Denn es gibt Gesellschaften, die trotz der Turbulenzen in der vergangenen Dekade ihren Kurs stabil halten konnten, zum Beispiel die Hannover Rück. Die Anleger honorieren auch die aktuelle Stabilitätsphase des bayerischen Rückversicherungsriesen nicht. Der Kurs dümpelt vor sich hin und hat die DAX-Rally nicht mitgemacht.
Für US-Investorenlegende Warren Buffett ist das kein Hindernis. Buffett nutzt die niedrigen Preise und kauft zu. Mitte Oktober stockte Buffett seine Beteiligung an Munich Re von mehr als acht Prozent auf über zehn Prozent auf. Buffett weiß, was er tut. Von Rückversicherung versteht der Mann etwas, schließlich gehören ihm die Gen Re und die Berkshire Re. Buffetts Engagement ist ein gutes Zeichen für Munich Re. Zwar betont der Amerikaner, dass er allein als Finanzinvestor auftritt. Aber sein Vertrauen in die Aktie und ein wenig Übernahmespekulation, die jede Bewegung über die Marke von zehn Prozent mit sich bringt, nutzen dem Unternehmen.
Gute Nachrichten kann Munich Re brauchen. Im Kerngeschäft sieht es mau aus. Die Ende 2008 vollmundig angekündigten Preiserhöhungen konnten die Manager nicht realisieren. Das gilt wohl auch für die Vertragserneuerungen 2011, die in dieser Woche beim Branchentreffen in Baden-Baden ausgehandelt werden.
In der ersten Jahreshälfte 2010 trafen die Versicherer schwere Naturkatastrophen, vor allem das Erdbeben in Chile mit geschätzten 8 Mrd. Dollar Belastung. Früher sorgten solche Ereignisse immer für einen Preisausschlag nach oben, doch das hat sich geändert. Dafür gibt es zwei wichtige Gründe. Erstens sinkt die Nachfrage. Heute sind die Erstversicherer größer, sie können mehr Risiken selbst tragen und brauchen weniger Rückversicherung. Zweiter Grund: Es gibt bei den Rückversicherern zu viel Kapital. Die Finanzkrise hat zwar kurzfristig einige Löcher in die Kapitaldecken der Gesellschaften gerissen. Aber schon Ende 2009 hatten sie das Vorkrisenniveau wieder erreicht.
Die Hoffnung richtet sich jetzt auf Solvency II, das neue Aufsichts- und Eigenkapital-Modell der EU. Solvency II kann bei vielen Erstversicherern zu Eigenkapitalknappheit führen, so das Kalkül der Rückversicherer. Dann könnte die Nachfrage steigen, denn Rückversicherung kann als Eigenkapitalersatz dienen. „Die Unternehmen warten jetzt ab, wie die letzten Tests für die Eigenkapitalregeln Solvency II verlaufen“, sagt Swiss-Re-Chef Stefan Lippe. „Und dann wird es eine kräftige Nachfrage nach Bilanzhilfen geben.“
Allianz-Re-Chef Clemens von Weichs warnt dagegen vor zu hohen Erwartungen. „Ich bin skeptisch, ob diese Vorhersagen wirklich Realität werden“, sagt er. Die Allianz Re ist der Rückversicherer des Konzerns. „Bevor die Gesellschaften Rückversicherungslösungen aufgreifen, werden sie versuchen, mit anderen Mitteln zurechtzukommen“, sagt er. Dazu gehörten Umschichtungen in den Portfolios und den Beständen. Außerdem gelte Solvency II auch für Rückversicherer. „Wenn ein Erstversicherer seine Kapitalknappheit an einen Rückversicherer weitergibt, braucht der natürlich das dafür benötigte Kapital“, sagt er.
Quelle: Financial Times Deutschland
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