Versicherer trennt sich von Gründern des Skandalvertriebs Hamburg-MannheimerInternational
Herbert Fromme , Köln
Drei Gründer von Hamburg-Mannheimer International (HMI), das wegen der Budapest-Sexreise in Verruf geraten ist, verlassen den Versicherungsvertrieb. Einen direkten Zusammenhang zu den Skandalen gibt es angeblich nicht, Eigner Ergo will aber den Neuanfang, wenngleich er am Konzept des Strukturvertriebs festhält.
Wolfgang Thust, Manfred Rump und Herbert Knoll gehen Anfang 2012. Intern wurden die „Generalrepräsentanten“ auch „Altgeneräle“ oder „Urgeneräle“ genannt. Für jeden über HMI verkauften Vertrag erhalten sie einen Provisionsanteil. Ergo will HMI umbenennen und dabei die Ergo-Marke verwenden. Der genaue Name steht noch nicht fest.
Mit der Trennung und dem neuen Namen versucht die Munich-Re-Tochter Ergo einen Neuanfang nach den Skandalen, scheut aber davor zurück, HMI zu schließen. „Die Option Schließung stand zur Debatte“, sagte Ergo-Vorstand Rolf Wiswesser in einer Telefonkonferenz. Doch habe Ergo nicht Tausende Mitarbeiter für die Fehler weniger zahlen lassen wollen.
Strukturvertriebe sind umstritten. Wegen der bewusst gepflegten Mentalität des schnellen Geldes durch hohe Abschlussprovisionen und der pyramidenartigen Struktur erzeugen sie einen ungeheuren Verkaufsdruck. Doch Ergo-Chef Torsten Oletzky glaubt, dass mögliche Missstände über Ausbildung und Kontrolle beseitigt werden können. Nicht bestätigen wollte er Brancheninformationen, dass eine Schließung den Versicherer eine dreistellige Millionensumme an Abfindungen kosten könnte – die 9600 HMI-Verkäufer haben Handelsvertreterverträge mit Ergo Leben.
Außer der Sexreise wurden im Sommer Ergo-Skandale mit falschen Kostendeklarationen bei Riester-Policen, der betrieblichen Altersversorgung und der Umdeckung von Lebensversicherungen in Unfallpolicen bekannt. Die Führung kündigte im Sommer rückhaltlose Aufklärung an und verurteilte die Budapest-Reise als „unverzeihlichen Fehler“. Gleichzeitig stellte sie Strafanzeige gegen einen Geschäftsmann und zwei Anwälte wegen versuchter Erpressung. Sie sollen Presseberichte lanciert haben, um Abfindungsforderungen früherer Ergo-Vertreter durchzusetzen, mit denen sie sich verbündet hatten, so Ergo.
Wiswesser und Ergo-Chef Oletzky wollten nicht sagen, wie hoch die Abfindungen für die drei Urgeneräle sind. Sie dürften sich im zweistelligen Millionenbereich bewegen. Auf jeden Fall erhalten sie noch fünf Jahre lang einen Teil der Provisionen.
Entlastet sieht sich Ergo bei der betrieblichen Altersvorsorge. Mit Hilfe der Wirtschaftsprüfer von PricewaterhouseCoopers (PwC) habe der Versicherer 40 152 Verträge auf die Vorwürfe geprüft, sagte Vorstand Frank Neuroth. Rund 700 Fälle seien zweifelhaft, bei den meisten gebe es aber nachvollziehbare Gründe. „PwC hat keine systematische Fehlberatung und Einflussnahme auf Entscheidungsträger festgestellt“, sagte Neuroth. In drei Fällen wurde strafrechtlich relevantes Verhalten aufgedeckt.
Quelle: Financial Times Deutschland
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