Die neue EU-Aufsichtsordnung für Versicherungen, Solvency II, verzögert sich immer weiter. Bafin-Chefin Elke König nannte jetzt 2017 als mögliches Datum. Die nationalen Aufseher stellt das vor Probleme.
Das von der EU geplante Regelwerk für Versicherer kommt immer später. „Der Zeitplan sollte vor allem eines sein: realistisch“, sagte BaFin-Chefin Elke König beim Neujahrsempfang der Behörde am Montag Abend. Das spreche eher für 2017 als 2016, das im Moment von der EU angepeilte Datum.
Mit Solvency II will die EU die Aufsicht über die Versicherer EU-weit vereinheitlichen und damit den europäischen Markt öffnen. Gleichzeitig sollen die Gesellschaften ihre Risiken auf Marktbasis bewerten und damit besser kontrollieren. Unter dem Regelwerk müssen Anbieter für Versicherungsrisiken ebenso wie für Risiken aus Kapitalanlagen Eigenmittel vorhalten – wer eine Chemiefabrik abdeckt, braucht dafür mehr Eigenkapital, als wenn er dieselbe Prämienhöhe aus Autoversicherungen einnimmt. Aktien erfordern mehr Risikokapital als Anlagen in Staatsanleihen.
Das Problem für Aufseher und Branche: Wegen der niedrigen Zinsen lassen sich die langfristigen Zinsgarantien der Lebensversicherer für ihre Kunden nur sehr schwer in dem Modell darstellen. Wenn Solvency II in seiner ursprünglichen Form heute in Kraft wäre, würde ein großer Teil der deutschen Gesellschaften in schwere Probleme kommen.
Kommende Woche will die europäische Versicherungsaufaufsicht Eiopa in Frankfurt auf Anregung der EU einen weiteren Testlauf starten. Dabei sollen Firmen europaweit rechnen, welche Auswirkungen Solvency II bei ihren aktuellen Geschäftszahlen hätte. Experten fürchten, dass das Ergebnis wegen der anhaltenden Niedrigzinsen katastrophal schlecht sein wird.
Gleichzeitig schwindet bei den großen europäischen Versicherern, die Solvency II lange gefordert und gefördert hatten, die Lust an dem Projekt. Ob Solvency II, vor allem die Säule I mit den Regeln zur Kapitalausstattung, überhaupt je kommt, wird zunehmend in Zweifel gezogen.
Die Verzögerungen schaffen der BaFin und den anderen nationalen Aufsichtsbehörden Probleme. Denn eigentlich werden die neuen Regeln dringend gebraucht, um Schwierigkeiten einzelner Unternehmen früh zu erkennen und einzugreifen. Deutschland hat zwar schon Teile der „Säule II“ von Solvency II inhaltlich umgesetzt, bei der es um Regeln des Risikomanagements geht, sagte König in Frankfurt. Das geschah durch die Verordnung über die „Mindestanforderungen an das Risikomanagement“. König kündigte aber an, dass weitere Festlegungen auf nationaler Ebene möglich sind. „Sollte die Diskussion auf europäischer Ebene nicht, oder nicht schnell genug fruchten, müssen wir überlegen, ob Deutschland nicht ähnlich wie die Niederlande eine nationale Lösung anstreben sollte.“
Die Bafin will auf jeden Fall dafür sorgen, dass sie frühzeitig erfährt, wenn ein Versicherer wegen der niedrigen Zinsen in Schwierigkeiten kommt. Das geht aber nur, wenn die Gesellschaften das selbst wissen. „Im aktuellen, auch oder gerade für die Versicherungswirtschaft herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld halte ich eine vorausschauende Kapitalplanung und Risikotragfähigkeitsprüfung für unverzichtbar“, sagte sie. Schließlich könne das niedrige Zinsniveau „uns noch viele Jahre begleiten“.
Quelle: Capital.de
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