Kostendruck, die Auslagerung der Schadenregulierung und die VVG-Reform haben dazu geführt, dass sich die Regulierung von Schäden verschlechtert, beklagt die Industrie auf der Jahreskonferenz des Deutschen Versicherungs-Schutzverbands.
Wachsende Kritik an der hartleibigen Schadenregulierung der Versicherer kommt von der deutschen Industrie. Gründe für das Verhalten seien der stärkere Kostendruck und die wegbrechenden Erträge aus Kapitalanlagen, sagte Hans-Jürgen Allerdissen, Präsident des Deutschen Versicherungs-Schutzverbands bei der Eröffnung der diesjährigen Fachtagung des Verbands. „Da wäre es völlig weltfremd anzunehmen, dass das keine Auswirkungen für die Steuerung der einzelnen Kostenträger in den Unternehmen hätte“, sagte er vor rund 600 Risikomanagern, Maklern und Versicherungsmanagern in München.
Laut Allerdissen tragen auch die Ausgliederung der Schadenregulierung in eigene Gesellschaften und die Quotelungsregelung nach der VVG-Reform zu den Problemen bei.
Betroffen sind vor allem kleinere und mittlere Unternehmen, weniger die Großkonzerne, so Allerdissen. „In der Schadenregulierung gibt es mehr Raum für das freie Spiel der Kräfte“, sagte er. Dabei gewinne im Normalfall der, der stärker ist. Mittelständler können in existenzbedrohende Situationen kommen, wenn über längere Zeit über Schadenersatzleistungen verhandelt wird, ohne dass ein finanzieller Ausgleich erfolgt, warnte Allerdissen. „Da liegt für sie dann vielleicht ein Vergleich nahe, bei dem man dann nicht bis ins Letzte verhandelt“, sagte er.
Die deutsche Versicherungswirtschaft sieht sich seit Monaten der Kritik von Verbraucherschützern ausgesetzt, dass sie Zahlungen an Privatkunden verschleppt. Das Bundesjustizministerium startete sogar eine Untersuchung, die diese Vorwürfe aber nicht bestätigte. Kürzlich gaben in einer Umfrage des Deutschen Anwaltvereins 85 Prozent der befragten Fachanwälte an, dass Versicherer Schadenregulierung lange verzögern. Dieser Kritik wollte sich Allerdissen nicht anschließen. „Wohlgemerkt, ich setze mich nicht an die Speerspitze der zurzeit geführten und wohl politisch motivierten Grundsatzdiskussion um Schadenregulierung für Privatkunden, das ist ein ganz anderes Feld“, sagte er.
Den Versicherern gab Allerdissen den Rat, ihre Kerngeschäfte Schadenregulierung und Underwriting weiter eng verzahnt zu halten. Unternehmen, die das tun, werden mittel- und langfristig Vorteile haben, sagte er. „Denn im Schadenfall ist es gelegentlich unerlässlich, mit dem Underwriter und dem Kunden gemeinsam sich darüber zu unterhalten, was denn eigentlich mit dem Wording zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gedeckt werden sollte und was nicht.“
„In der Schadenregulierung gibt es mehr Raum für das freie Spiel der Kräfte“
Hans-Jürgen Allerdissen, DVS-Präsident
Außer der Schadenregulierung macht Allerdissen ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofes zur fälligen Mehrwertsteuer auf Führungsprovisionen in Versicherungskonsortien Sorgen: „Dieses Urteil betrifft letztlich den vom versicherten Unternehmen zu tragenden Gesamtprämienaufwand, weil die von den Konsortialbeteiligten an die Führende gezahlten Führungsprovisionen jetzt zusätzlich der Umsatzsteuer unterliegen“, sagte er. Als Folge sei zu vermuten, dass diese Zusatzbelastung sich auch in der Prämie niederschlagen wird.
Allerdissen sagte, auch der DVS müsse sich mit den Zeiten wandeln. „Wir müssen die Kräfte bündeln und den Einsatz optimieren“, sagte er. Darüber will die DVS-Führung mit dem Bundesverband Firmenverbundener Versicherungsvermittler sprechen – viele große Unternehmen sind in beiden Verbänden Mitglied. „Eine gemeinsame Sitzung der Vorstände wird es heute Abend geben.“
Patrick Hagen
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