Transportversicherer suchen Neuanfang

Die international agierenden Transportversicherer wollen den Negativtrend beenden – zu schlecht sind die durchschnittlichen Ergebnisse der vergangenen Jahrzehnte. Bessere Statistiken und die Automatisierung der Zeichnung sollen Abhilfe schaffen.

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Der HHLA-Containerterminal Altenwerder in Hamburg. Die großen Wertekonzentrationen in Häfen sind eine besondere Herausforderung für die Transportversicherer

© CC by Tobias Mandt

Die internationalen Transportversicherer streben einen Neuanfang an. Das wird auf der Jahrestagung ihrer bereits seit 1874 bestehenden Vereinigung International Union of Marine Insurers (IUMI) deutlich, die 700 Teilnehmer in London zusammengebracht hat.

Grund sind die im Durchschnitt der letzten Jahrzehnte unzureichenden Ergebnisse, rekordtiefe Zinsen und der derzeit zu beobachtende weitere Anstieg der Schadenquoten. Gleichzeitig gewinnen in der Wertschöpfungskette Makler und Assekuradeure an Bedeutung – mit entsprechenden Provisionskosten für die Versicherer. Die Kapitalgeber der Transportversicherer wollen das nicht länger tatenlos hinnehmen.

Wichtigstes Instrument zur Wiedererlangung einer akzeptablen Marktdisziplin sind für die IUMI detaillierte und konsistent gewonnene Marktstatistiken. Selbstverständlich sind die Mitgliedsgesellschaften peinlich bemüht, jeden Eindruck zu vermeiden, es werde ein verkapptes Kartell betrieben. Auffallend ist, dass sich hinsichtlich der Zahlengewinnung und -aufarbeitung eine Art aktuarielles Matriarchat zu formen beginnt, das in der IUMI allmählich einen positiven Gegenpol zu Seebären und trinkfreudigen Maklern bildet.

Propagiert wird auch eine weitgehende Automatisierung von einfacheren Transportdeckungen, insbesondere in der Abdeckung von Waren und von Freizeitschiffen. Dabei wollen die Versicherer ihren Underwritern jeden – meist im Sinne von Preisreduzierung genutzten – Spielraum nehmen. Stattdessen sollen unerbittlich die an Erfahrungen und künftigen Exponierungen orientierte Preise durchgesetzt werden. Den jede menschliche Intervention ausschließenden Vorgang bezeichnete eine Managerin des US-Versicherers CV Starr als „black-box underwriting“.

Tom Bolt, der beim Versicherungsmarkt Lloyd’s als Director Performance Management für die Ergebnisse des Marktes zuständig ist, erklärte vor den IUMI-Delegierten, er werde die Geschäftspläne der Transportversicherungs-Syndikate künftig genauer prüfen. Immer wieder hätten sich die tatsächlichen Ergebnisse wesentlich schlechter dargestellt als prognostiziert, nun gelte es zwecks Verteidigung des Lloyd’s-Ratings sowie zum Schutz des Central Funds (der bei der Insolvenz von Marktteilnehmern einspringt) durchzugreifen.

Wegen der langen Abwicklungsdauer von Transportschäden seien die aktuellen Statistiken für die Zeichnungsjahre häufig nicht genügend aussagekräftig. Außerdem änderten sich die Risiken im Zeitablauf, und die Statistik zeige solche neuen Exponierungen nicht. Bolt gab zu, dass die schärferen Zeichnungsregeln bei Lloyd’s wegen der wichtigen Rolle des Marktes in der internationalen Transportversicherung erhebliche Auswirkungen auf den Weltmarkt in dieser Sparte haben werden.

Unzureichende Preise sind nicht der einzige Grund für Handlungsbedarf. Sorgen bereiten die Piraterie vor Westafrika, eine mögliche Sperrung des Suezkanals aus politischen Motiven, der schwer zu modellierende Kumul von Warenrisiken in Häfen, die häufige Falschdeklaration von Containerinhalten (brennbar und allzu schwer), die Verflüssigung von Erzen an Bord von Frachtern, die immer grösser werdenden Superfrachter sowie die mögliche Verwendung von hochexplosivem LNG als Treibstoff für Handelsschiffe.

2012 verlegte die IUMI  ihren Sitz von Zürich nach Hamburg, in Ablösung von Fritz Stabinger ist nun der Jurist  Lars Lange Generalsekretär. Früher arbeitete er für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.  Im Jahr 2014 soll die Jahrestagung in Hongkong stattfinden. Bis dann wollen die über einen erheblichen Corpsgeist verfügenden Transportversicherer die ersten Sanierungsschritte geschafft haben.

Philipp Thomas

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