Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft rüstet PR-mäßig auf. Die Branche fühlt sich in der Öffentlichkeit falsch dargestellt. Dabei wissen kluge Versicherungsmanager: Der Kern der gegenwärtigen Probleme sind die Geschäftsmodelle der Branche in wichtigen Sparten.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) baut seine Öffentlichkeitsarbeit aus. Die Headhunter der renommierten Agentur Egon Zehnder haben den 52-jährigen Christoph Hardt für den Verband gefunden. Er arbeitet seit 2010 in der Siemens-Pressestelle, davor war er lange beim Handelsblatt.
Aber mit der Personalie ist es nicht getan: Der Verband wird ein neues Ressort mit dem wunderbaren Titel „Issue Management und Mitgliederkommunikation“ einrichten, das neben der Pressestelle zu Hardts Geschäftsbereich Kommunikation gehört.
Hardt wird im Rang eines Geschäftsführers eingestellt, was der Verband der bisherigen und künftigen Pressechefin Ulrike Pott verwehrt hat. Geschäftsführer, nicht Hauptgeschäftsführer – darauf legt man an der Wilhelmsstraße in Berlin Wert. Aber obwohl der neue PR-Chef kein Hauptgeschäftsführer wird, soll er an den Sitzungen der Hauptgeschäftsführung teilnehmen.
Mit dem Ausbau reagiert der GDV auf eine ganze Reihe von Problemen. Erstens will er seine Öffentlichkeitsarbeit unter den eigenen Mitgliedern verbessern. Im Verband gibt es immer wieder Krach um wichtige Fragen wie Solvency II oder die Pläne zur Provisionsdeckelung. Zu unterschiedlich sind die Interessen von Weltmarktplayern wie der Allianz – die in der GDV-Zentrale einen spürbaren Einfluss hat – und kleineren Gesellschaften. Zweitens – und darum geht es vor allem – will der Lobbyverband verstärkt gegen die aus Sicht der Branche negative Grundhaltung der Presse antreten.
Leicht wird das nicht. Das hängt mit der Ausgangsthese zusammen, die viele Versicherungsmanager und Verbandsfunktionäre immer noch haben. Sie sind fest davon überzeugt, dass die Geschäftsmodelle der Versicherer im Kern gesund und zukunftsfähig sind – das dies aber leider durch falsche Entscheidungen der Politik wie beim Niedrigzins sowie die publizistische Schieflage in der Öffentlichkeit nicht so wahrgenommen wird wie es sollte.
Aus dieser Verteidigungshaltung kann die Versicherungswirtschaft den PR-Krieg nicht gewinnen. Im Feuer stehen überkommene Geschäftsmodelle – vor allem in der Lebens- und Krankenversicherung. Im vertrauten Gespräch geben viele Manager unumwunden zu, dass die klassische deutsche Lebensversicherung und die PKV in ihrer jetzigen Form kaum eine Zukunft haben. Der Vorschlag, die Provisionen in der Lebensversicherung zu deckeln, war zumindest ein zartes Eingeständnis auch beim GDV, dass es so wie bisher nicht weitergeht. Aber die öffentliche Linie des Verbands ist klar: Die Assekuranz hat im Kern immer Recht, Selbstkritik ist völlig unangebracht, wenn doch etwas schiefgeht, waren Politiker und Presse Schuld.
1992 gewann Bill Clinton die Wahl zum US-Präsidenten gegen George Bush. „It’s the economy, stupid“ (Es geht um die Wirtschaft, Dummkopf) war eine der drei Kernbotschaften, die Clintons Wahlkampfchef James Carville den Wahlkämpfern einhämmerte. „It’s the business model, stupid“, kann man den Versicherern zurufen. Sie müssen dringend und in großem Stil ihre Geschäftsmodelle umbauen – weg von der Übernahme gigantischer Investmentrisiken, weg von überzogenen Akquisitionskosten, hin zur Risikoabsicherung. Nur wer die Kraft dazu hat, gewinnt in der Krise. Andere bleiben auf der Strecke – gleichgültig, wie viel sie und die gesamte Branche in PR investieren.
Herbert Fromme
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