Karel van Hulle, einst Chef des Referats für Versicherung und betriebliche Altersversorgung bei der Europäischen Kommission und inzwischen im Ruhestand, ist fest davon überzeugt, dass Solvency II 2016 endlich in Kraft treten wird. Die Schuld für die jahrelangen Verzögerungen sieht er vor allem bei den Versicherern.
Solvency II bestimmte jahrelang sein Leben. Der Jurist Karel van Hulle, bis Januar 2013 Chef der Abteilung für Versicherung und Privatrenten bei der Europäischen Kommission, hatte maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des neuen europäischen Regelwerks. Eigentlich war es sein Ziel, Solvency II noch während seiner Dienstzeit umgesetzt zu sehen – das verhinderte die Finanzkrise. Damit wurden alle Einführungsdaten Makulatur.
Doch jetzt, ist sich van Hulle sicher, wird es kaum weitere Verzögerungen bei der Einführung der neuen Regeln geben, das Datum 2016 steht. „Dann werden sie mit großer Wahrscheinlichkeit kommen“, sagte van Hulle am Montag bei der Ferma-Tagung der europäischen Risikomanager in Maastricht. Inzwischen lehrt und forscht van Hulle an der Universität Leuven im Research Centre Insurance.
Solvency II sieht unter anderem neue Eigenkapitalvorschriften für die Branche vor. Je mehr Risiken die Gesellschaften im Versicherungsgeschäft übernehmen und je riskanter sie ihre Gelder anlegen, desto mehr Eigenkapital müssen sie vorhalten. Unter anderem geht es auch um die Frage, wie viel Eigenmittel Lebensversicherer für langfristige Garantien auf die hohe Kante legen müssen.
An der Verzögerung von Solvency II sei unter anderem die Versicherungswirtschaft schuld, glaubt van Hulle. „Die intensive Lobbyarbeit hat Unsicherheiten verursacht“, sagte er. Viele Gesellschaften in Europa hätten ihren nationalen Finanzministern in den Ohren gelegen, dass ein Inkrafttreten von Solvency II in seiner bisherigen Form das Ende der Lebensversicherung bedeute. Das habe dazu geführt, dass sich die Zustimmung zur Änderungsrichtlinie Omnibus II immer wieder verzögerte, was auch viele weitere Entwicklungen bei Solvency II behindert hat.
Bei der nächsten Runde sogenannter Trilog-Verhandlungen von Europäischer Kommission, Europäischem Parlament und dem Rat der Europäischen Kommission im Oktober 2013 wird nach van Hulles Einschätzung die Omnibus-Richtlinie endlich verabschiedet. „Es ist dringend nötig, dass dieser letzte Schritt gemacht wird“, sagte er.
Die ablehnende Haltung vieler Lebensversicherer wegen der Behandlung von langfristigen Garantieprodukten gegenüber Solvency II kann van Hulle nicht nachvollziehen. „Es sind nicht die Eigenkapitalregeln, die Probleme für die langfristigen Garantien verursachen, es ist die Welt, die sich verändert hat“, sagte er.
Das Niedrigzinsumfeld setze den Versicherern zu. Solvency II bilde diese Realitäten nur ab – und das aus gutem Grund. „Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass die Versicherer Garantien geben und dann nicht liefern“, erklärt van Hulle. „Das darf nicht passieren, deshalb brauchen wir eine gute Regulierung.“
Ohnehin schade die Verzögerung vor allem der Assekuranz selbst. „In einer immer riskanteren Welt wird Versicherung immer wichtiger“, sagte er. „Aber ohne gutes Risikomanagement und Solvenz-Regeln, die auf Risiken basieren, können die Versicherer nicht liefern. Ihnen fehlen einfach die Daten und Werkzeuge, um ihre Verpflichtungen erfüllen zu können.“
Friederike Krieger
Dieser Beitrag ist nur für Premium-Abonnenten vom Versicherungsmonitor persönlich bestimmt. Das Weiterleiten der Inhalte – auch an Kollegen – ist nicht gestattet. Bitte bedenken Sie: Mit einer von uns nicht autorisierten Weitergabe brechen Sie nicht nur das Gesetz, sondern sehr wahrscheinlich auch Compliance-Vorschriften Ihres Unternehmens.
Diskutieren Sie mit
Kommentare sind unseren Abonnenten vorbehalten. Bitte melden Sie sich an oder erwerben Sie hier ein Abo