Kommentar Das Finanzwissen der Deutschen ist lückenhaft – das ergeben Studien und Untersuchungen immer wieder. Die Vermittlerverbände AfW und BVK fordern deswegen erneut, dass die künftige Regierung schnell etwas tut und sich mehr für die finanzielle Bildung von Kindern und Jugendlichen einsetzt. Gerne wollen die Verbände dafür auch eigene Leute an die Schulen schicken. Das sollte auf keinen Fall passieren, Wirtschaftsvertreter haben im Klassenzimmer nichts verloren.
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Herzlichen Dank für Ihre vielen Beiträge zu meinem Kommentar. Das Thema scheint viele sehr zu beschäftigen, ich freue mich über das große Interesse.
Leider scheint es so zu sein, dass viele Kommentierende die Intention meines Beitrags nicht richtig verstanden bzw. nicht richtig gelesen haben. Ich habe nirgendwo gefordert, dass Wirtschaft nicht ins Klassenzimmer gehört.
Vielmehr habe ich geschrieben, dass ein eigenes Schulfach „Wirtschaft und Finanzen“ eine gute Idee ist, um jungen Menschen die wirtschaftlichen Zusammenhänge zu erklären, sie für Finanzthemen zu sensibilisieren und schließlich zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern zu erziehen, die selbstständig entscheiden können, wie sie verantwortlich mit ihrem Geld umgehen wollen.
Auch gegen Besuche von Wirtschaftsvertreterinnen und -vertretern im Klassenzimmer habe ich überhaupt nichts, die von ihrem Alltag berichten und Einblicke geben. Ich bin lediglich dafür, dass diese Besuche nicht unmoderiert stattfinden und Inhalte ungefiltert an junge Leute weitergegeben werden. Diese Aufgabe sollten Lehrende oder andere neutrale Personen übernehmen. Denn auch wenn Versicherungsvermittler Spezialisten ihres Faches sind, sie sind meistens keine Lehrer, haben meistens keine pädagogische Ausbildung und sie sind auch nicht frei von Interessen. Die Neutralität des Schulunterrichts zu wahren – das habe ich gefordert, mehr nicht.
Was hat Frau Gröger wirklich gesagt? Sie hat gesagt: „Wirtschaft hat im Klassenzimmer nichts verloren!“
Das ist nämlich der Status Quo seit Jahrzehnten in deutschen Klassenzimmern und die Grundüberzeugung der meisten Lehrkräfte, die selbst keine Ahnung von Wirtschaft und vom Wirtschaften haben und sich mit allen Kräften dagegen wehren, dass sie dabei erwischt werden.
Die laufende Konsequenz: Ahnungslose machen Ahnungslose zu Ahnungslosen, und das nennt sich dann Bildungssystem.
Es gibt viele Dinge, die bleiben sollten, weil sie gut sind. Aber das gehört geändert! (via Linkedin)
Liebe Frau Gröger,
ich stimme mit Ihnen überein in der Analyse, dass Finanzwissen im deutschen Bildungssystem bisher eine unwesentliche Rolle spielte, aber dringend Not tut. Ebenso bin ich bei Ihnen, dass eine solche Bildung zunächst einmal eine Lehreraufgabe und damit staatliche Aufgabe ist, der Staat – bzw. Bundesländer – in der Vermittlung dieser Kompetenz bisher versagt haben. Und ich bin bei Ihnen, dass das nötige Finanzwissen frei von Produkt- und Markenkommunikation sein muss.
Die Anregung, Finanzpraktiker hinzuzuziehen ist also sinnvoll, da die meisten Lehrer diese Kompetenz in der Tiefe natürlich nicht haben. Was mich allerdings irritiert ist die offenbar tief im deutschen Wesen verwurzelte Skepsis und der implizite Verdacht, diese Experten kämen einzig mit den versteckten Absichten eines Produktverkaufs.
Dieses Misstrauen trifft viele Kolleginnen und Kollegen meiner Branche, die mit großer Motivation der heranwachsenden Generation ernsthaft etwas vermitteln möchten, zu Unrecht. Moral ist keine Frage von Branchenzugehörigkeit oder Profession.
Es scheint typisch deutsch zu sein, Probleme erfolgreich zu identifizieren, um dann ewig um die Lösungen herumzuschwurbeln, anstatt sie einfach mal pragmatisch anzugehen. (via Linkedin)
Ich war damals sehr dankbar über eine Wirtschafts-AG in der Oberstufe Einblicke in verschiedene Unternehmen zu bekommen. Natürlich haben sich damals Arbeitgeber wie ZF oder CHG von ihrer besten Seite gezeigt aber es war eine gelungene Abwechslung zum Schulalltag und enorm spannend und spielerisch. Das ist kein Lobbyismus. (via LinkedIn)
Ich bin komplett bei Norman Wirth. Diese Vorverurteilung muss aufhören. Wir „werfen“ junge Erwachsene am Ende ihres Bildungsweges in das tatsächliche Leben und wundern uns darüber, warum so viele scheitern. Die Entstehung und der Umgang mit Geld, Absicherung des Lebens und der Arbeitskraft, wirtschaftliche Zusammenhänge verstehen – das alles sollen sich die jungen Menschen selbst oder über das Elternhaus aneignen? Das wird nicht funktionieren. Bestes Beispiel ist das Sparverhalten vieler Deutscher. Sparbuch, Festgeld und Schimpfen, weil es zu wenig Zinsen gibt. Wäre Wissen über wirtschaftliche Zusammenhänge, Märkte, Zinspolitik etc. rechtzeitig vorhanden, dann gäbe es viele Probleme nicht. (via LinkedIn)
Dieser Post hat kein Kommentar und die damit einhergehende Aufmerksamkeit verdient, dennoch möchte ich dazu etwas schreiben: Lehrer sind auch nur Menschen. Sie lehren in den jeweilig spezialisierten Fächern, was aber nicht zwingend bedeutet, dass Lehrer die richtigen Personen sind, um den Kindern wirtschaftliche und finanzielle Bildung zu vermitteln. Hier freie Wirtschaftsvertreter zu verurteilen und auszuschließen, die zum Gemeinwohl aller bereit sind, ihre Zeit ehrenamtlich zur Verfügung zu stellen und Wissen zu vermitteln, zeigt, dass wir in Deutschland noch sehr viel lernen müssen. Initiativen wie etwa der Zukunftstag von IWJB gGmbH und Lorenzo Wienecke zeigen, wie es geht. Eigenwerbung kann und sollte bei solchen Formaten ausgeschlossen werden – es werden sich dennoch viele Vertreter finden, die bereit sind, ganz ohne Eigenwerbung an den Schulen zu unterstützen. Dieses Wissen sollte den Schülern nicht vorenthalten werden. (via LinkedIn)
Die Finanzbildung in Deutschland ist schlecht, das wird kaum jemand bestreiten. Der Grundstein für eine gute Finanzbildung muss früh, also möglichst in der Schule, gelegt werden. Warum sollen also nicht Experten ein – selbstverständlich neutral gehaltenes – Infoangebot zur Förderung der allgemeinen Finanzbildungskompetenz an Schulen anbieten?
Der Bankenverband bietet spezielle Unterrichtsmaterialen für Schulen an, die von vielen Lehrer:innen sehr dankbar angenommen werden. Die entsprechenden Unterrichtsmaterialen sind frei im Internet abrufbar. Der bankenverband ist ein Lobbyverband der privaten Banken in Deutschland. Stehen diese – sehr gut gemachten – Unterrichtsmaterialen in der Kritik? Nein. Vielmehr wird das entsprechende Angebot von Schulen gerne angenommen.
Ist der Bankenverband kein Wirtschaftsvertreter? Natürlich ist er das. Aber solange das Angebot neutral ist, ist das nicht zu kritisieren. Warum also diese vehemente Kritik, wenn es um die Idee geht, dass unabhängige Versicherungsmakler, die Experten in Sachen Absicherung und Finanzfragen sind, ein freiwilliges Infoangebot zur Stärkung der allgemeinen Finanzbildung anbieten? (via LinkedIn)
Noch ergänzend: Vielleicht sollte auch zur Kenntnis genommen werden, dass sich Teile der Branche, so unter anderem auch die in dem Kommentar genannten Vermittlerverbände BVK und Bundesverband Finanzdienstleistung AfW e.V. gemeinsam mit Wissenschaft und Verbraucherschutz, unter dem Dach des DIN Deutsches Institut für Normung e. V., intensiv bemühen auch eine DIN-Norm zur Finanzbildung zu erstellen. Die Entscheidung dafür ist gerade erst vor wenigen Wochen im zuständigen Gremium, dem DIN-Normenausschuss Finanzen, dem ich die Ehre habe anzugehören, gefallen. (via LinkedIn)
Ich habe mir erlaubt, hierzu ein ausführliches Statement zu verfassen. Zu finden als Beitrag in meinem LinkedIn-Profil. Kurzfassung: Wer Finanzbildung wirklich voranbringen will, sollte doch bitte nicht diejenigen diskreditieren, die helfen wollen. Das Thema Finanzbildung ist zu wichtig für eine solche Polemik, die die Bemühungen von vielen engagierten und vor allem auch qualifizierten Menschen konterkariert. (via LinkedIn)
Ich darf mich der Kritik von Norman Wirth hier ABSOLUT anschließen.
Vor rund 10 Jahren kam meine Tochter aus dem gymnasialen Wirtschaftsunterricht mit der Aussage nach Hause, nur Festgeld und Staatsanleihen sind seriös. Absolut erschreckend! Das war der Auslöser, die Stiftung Finanzbildung gemeinnützige UG (haftungsbeschränkt) zu gründen.
Bis heute wurden über 50 Preisträger an den Abiturfeiern für ihre Facharbeiten mit finanzökonomischen Hintergrund geehrt – und zwar von ihren Lehrern mit Geldern von uns.
Gott sei Dank gibt es inzwischen eine Vielzahl an Lehrern, die nicht ihre Meinung vertreten wie z.B. auch die von mir verehrte Waltraud Eder (Erndl) aus dem Vorstand des Bündnis Ökonomische Bildung Deutschland (BÖB) oder den Kultusstaatssekretär Jürgen Böhm . Natürlich gehören gewisse Spielregeln dazu und eine enge Kooperation durch die Schule dazu, aber das ist bewältigbar!
ES KANN NUR EIN MITEINANDER GEBEN, UM FINANZBILDUNG VORANZUBRINGEN! ABSOLUTES UND PREISWÜRDIGES FORMAT IST HIER Z.B. ExpeditionFinance – Deutsche Bank. Sie sehen richtig neutrale Finanzbildung von einem brillanten FinFluencer einer Bank. Sehen Sie sich solche Formate einfach mal an. (via Linkedin)
@Edmund Pelikan: besten Dank und ich bin auch an Schulen unterwegs: nicht oft, aber spüre dass dort Fragen latent sind. Und es Unterstützung gerne geben darf: wenn die „Spielregeln“ gesetzt sind. Keine Werbung. Wissen. Und es wäre auch hilfreich nicht nur im Frontalunterricht dieses zu geben sondern für die Lehrkräfte, die es dann mit direktem Praxisbezug aus verlässlichen Quellen beziehen. Kuratierter, recherchierter Content.
Wie das aussieht – dafür sollte es den runden Tisch geben. Und wir haben – danke für die Erwähnung – tolle Formate: es darf noch mehr geben. #Edutainment und so wie wir gerne lernen wollen: mit Spaß und Freude. Es ist die Darbietung, die eine große Rolle spielt. Danke! (via Linkedin)
Volle Zustimmung, @Norman Wirth, der Beitrag ist keine Empfehlung für den Monitor.
Unbestreitbar ist Transparenz in der Finanzbildung, insbesondere über die Geschäftsmodelle derer, die Finanzbildung betreiben, unabdingbar. Aber wieso z.B. Verbraucherschützer, die keine Qualifikation nachweisen müssen und zudem ebenfalls als Berater ihr Geld verdienen, bessere Finanzbildner sein sollen, als bestens ausgebildete Bank- oder Versicherungsmitarbeiter, erschließt sich mir überhaupt nicht. (via LinkedIn)
@Norman Wirth: Ja, Polemik ist bei dieser großen gesamtgesellschaftlichen Aufgabe fehl am Platz. Wir brauchen hierzu verschiedene Akteure und natürlich klare Regeln, Qualität und Transparenz bzgl. der Geschäftsmodelle der Anbieter. Die Entscheidung des NaFin vom DIN Deutsches Institut für Normung e. V. hierzu die Entwicklung einer DIN-Norm unter Beteiligung verschiedener Interessensgruppen anzustoßen, kann hier ein wichtiger Baustein sein. (via Linkedin)
Kritik an der Kritik: Finanzbildung ist zu wichtig für Polemik
Der Kommentar von Anne-Christin Gröger verkennt das eigentliche Problem: Finanzbildung in Deutschland ist ein Desaster. Und statt konstruktiv über Lösungen zu sprechen, wird pauschal ein Misstrauensvotum gegen all jene ausgesprochen, die bereit sind, das Defizit zu beheben.
Ja, die Schule muss ein neutraler Raum bleiben. Aber was ist „neutraler“: Jugendliche unvorbereitet in ein Leben voller finanzieller Herausforderungen zu entlassen oder ihnen Wissen an die Hand zu geben, mit dem sie eigenständig und kritisch Entscheidungen treffen können?
Die Politik versagt – und lässt die junge Generation im Stich
Die Realität ist ernüchternd: Während in anderen Ländern Finanzbildung längst Standard ist, bleibt sie in Deutschland bestenfalls eine Randnotiz. Die Initiative Finanzielle Bildung, ein Projekt des Bundesfinanz- und Bildungsministeriums, hatte ambitionierte Ziele – eine nationale Strategie in Kooperation mit der OECD. Doch was ist übrig geblieben?
• Ein interaktives Lernspiel – nett gemeint, aber kein Ersatz für strukturierten Unterricht.
• Eine halbherzige Webseite ohne Reichweite und ohne durchdachte Inhalte.
• Und dann? Stillstand. Mit dem Ende der Ampelkoalition wurden sämtliche weiteren Aktivitäten auf Eis gelegt.
Deutschland bleibt also weiterhin eines der wenigen entwickelten Länder ohne verpflichtende Finanzbildung an Schulen. Und während die Politik abwartet, steigen Verschuldung, Altersarmut und finanzielle Unsicherheit.
Unsere Vermittler sind bereit – aber man lässt sie nicht
In der aktuellen AfW-Vermittlerbarometer-Umfrage 2024 zeigt sich:
• 88,18 Prozent der unabhängigen Vermittlerinnen und Vermittler fordern ein Schulfach „Wirtschaft und Finanzen“.
• 69.92 Prozent wären sogar bereit, gelegentlich (z. B. einmal pro Quartal) das Thema ‚finanzielle Bildung‘ ehrenamtlich mit standardisierten Unterlagen für 4-8 Stunden an Schulen zu unterrichten.
Ich selbst bin Vater von drei Kindern und habe bereits mehrfach an Schulen unterrichtet – nicht, um Versicherungen zu verkaufen, sondern um Jugendlichen zu erklären, was ein Kredit ist, wie Altersvorsorge funktioniert und warum ein Dispokredit keine langfristige Lösung ist.
Diese pauschale Unterstellung, dass Experten aus der Praxis automatisch „Lobbyisten“ seien, ist absurd. Finanzbildung braucht Praxiswissen – oder soll man sie lieber TikTok-Finfluencern und selbsternannten „Verbraucherschützern“ überlassen, die oft genug selbst fragwürdige Informationen verbreiten?
Was passieren muss – und warum wir nicht warten können
1. Finanzbildung muss Pflichtfach in den Schulen werden. Das Thema ist zu wichtig, um es freiwilligen Modulen zu überlassen.
2. Lebenslange Finanzbildung – von Schulkindern bis Erwachsenen – muss staatlich gefördert werden.
3. Zusammenarbeit mit echten Fachleuten, darunter auch unabhängige Vermittlerinnen und Vermittler, die tagtäglich mit diesen Themen arbeiten.
4. Eine zentrale, gut ausgestattete Bildungsplattform, die kontinuierlich weiterentwickelt wird – anstatt halbherziger Symbolprojekte.
Fazit: Wer Finanzbildung wirklich voranbringen will, sollte Lösungen fordern – nicht diejenigen diskreditieren, die helfen wollen.
Anne-Christin Gröger schreibt in ihrem Kommentar, dass sie mehr Finanzbildung grundsätzlich begrüßt. Warum dann diese destruktive Haltung gegenüber denen, die das seit Jahren fordern und aktiv mitgestalten wollen? Die Alternative zu praxisnaher Bildung ist nicht „Neutralität“, sondern Unwissenheit. Und das können wir uns als Gesellschaft nicht leisten.
Beste Grüße
Norman Wirth
Geschäftsführender Vorstand AfW Bundesverband Finanzdienstleistung e.V.