Medienanalyse Die privaten Krankenversicherer (PKV), insbesondere die DKV, sorgten im März mit teilweise drastischen Beitragserhöhungen in der Vollversicherung für negative Schlagzeilen. In der Berichterstattung wird deutlich, dass der Kostenapparat im Gesundheitswesen nicht der einzige Grund dafür ist, dass Privatpatienten für ihren Versicherungsschutz immer tiefer in die Tasche greifen müssen. Der neue Sündenbock der PKV heißt Mario Draghi: Seine Europäische Zentralbank (EZB) drückt die Zinsen auf ungekannte Tiefststände und schädigt damit nicht nur das gesamte Geschäftsmodell der Lebensversicherer nachhaltig, sondern in zunehmendem Maße auch das der PKV.
Archiv ‘Rechnungszins’
PKV: Keine Unterstützung beim Rechnungszins
Die privaten Krankenversicherer haben offensichtlich keinen politischen Rückhalt bei ihrer Forderung, die notwendige Absenkung des Rechnungszinses im Bestand zu einem eigenständigen Auslöser für Beitragsanpassungen zu machen. Das zeigt die Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion der Linken. Danach hält die Bundesregierung die bisherigen Regelungen für ausreichend. Die Antwort unterstreicht auch, dass die Absenkung des Rechnungszinses inzwischen die Regel ist und nicht mehr die Ausnahme.
Niedrigzinsen belasten Privatversicherte
Angesichts der dauerhaften Niedrigzinsen werden die privaten Krankenversicherer nicht daran vorbei kommen, in ihren Unternehmen im Bestand den Rechnungszins zu senken. Darin waren sich die Experten beim diesjährigen PKV-Forum der Continentale einig. Es wird eine kommunikative Herausforderung für die Branche, den Kunden die daraus resultierenden Beitragserhöhungen zu erklären. Das gilt besonders deshalb, weil der Zinseffekt nur in Kombination mit weiteren Faktoren berücksichtigt werden kann, also entsprechend drastische Anpassungen drohen.
Immer mehr PKV-Anbieter müssen Rechnungszins senken
Die privaten Krankenversicherer spüren die Effekte der Niedrigzinsphase. Lediglich zwei Anbieter haben bei der jüngsten Erhebung die Zielmarke eines aktuariellen Unternehmenszinses von 3,5 Prozent erreicht. Alle anderen müssen bei der nächsten Gelegenheit in den geschlechtsspezifischen Tarifen den Zins anpassen, was Beitragsanhebungen zur Folge hat. Oft helfen aber die Rückstellungen für Beitragsrückerstattung, um die Effekte für Kunden abzufedern. Diese Mittel belaufen sich branchenweit auf mindestens 14 Mrd. Euro.
Harte Zeiten für die PKV
In der privaten Krankenversicherung sind steigende Beiträge mittel- bis langfristig unausweichlich. Die Versicherer müssen durch kundenorientierte Tarifwechsel-Möglichkeiten für eine Beitragsentlastung der Kunden sorgen. Bekommen sie die anstehenden Beitragssteigerungen nicht in den Griff, werden die ohnehin schon nicht rosigen Zukunftsaussichten der Branche noch trüber, warnt die Rating-Agentur Assekurata in ihrem aktuellen PKV-Marktausblick. Gleichzeitig brauchen die Unternehmen auch Hilfe von Seiten der Politik – auch dafür ist eine wesentliche Voraussetzung, dass die Branche ihre Hausaufgaben macht.
Die Grafikkünstler der R+V
Am Montag gab die Versicherungsgruppe R+V bekannt, dass sie die Überschussbeteiligung für ihre Kunden um 0,2 Prozentpunkte auf 3,4 Prozent absenkt. Zur Erläuterung verschickte sie eine Grafik, die grob irreführend ist.
Wasem: „Beim Überzins tickt eine Zeitbombe“
Der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem ist Professor für Medizinmanagement an der Universität Duisburg-Essen. Im Interview mit dem Versicherungsmonitor plädiert er für eine Absenkung des Rechnungszinses in der privaten Krankenversicherung und bessere Wechselmöglichkeiten für die PKV-Versicherten.






