Neuer Anlauf für Werftenverbund

Der größte deutsche Schiffbauer, die Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW), erhält eine neue Aktionärsstruktur. Die amerikanische Beteiligungsfirma One Equity Partners übernimmt von Babcock Borsig und Preussag insgesamt 75 Prozent der HDW-Anteile. Die unternehmerische Führung behält aber Babcock Borsig. Die Neuordnung ermöglicht auch einen neuen Anlauf für die lange geplante Allianz deutscher Marinewerften.

Mit dem Einstieg von One Equity Partners, einer Tochter der Bank One, wird die deutsche Großwerft zwar an ein US-Unternehmen verkauft. Die Konstruktion ist aber so angelegt, dass mit der unternehmerischen Führung die faktische Kontrolle bei den Deutschen bleibt. „Eine Übertragung von Marinetechnik-Know-how ist ebenso ausgeschlossen wie der Weiterverkauf der verbleibenden Anteile durch One Equity Partners vor Ablauf von zwei Jahren“, teilte Babcock Borsig mit. Das Unternehmen trat damit Sorgen von Politikern über einen Ausverkauf deutscher Interessen entgegen.

HDW-Chef bleibt Klaus Lederer. Er gibt allerdings den Chefposten bei Babcock Borsig auf, den er bislang parallel zum HDW-Vorstandsvorsitz inne hat.

Die neue Beteiligungsstruktur der HDW beschlossen gestern die Aufsichtsräte von Babcock Borsig und Preussag. Der Hannoveraner Touristikkonzern wird die von ihm kontrollierten knapp 50 Prozent an HDW an One Equity Partners verkaufen.

Babcock Borsig reduziert seinen HDW-Anteil von 50 Prozent und einer Aktie auf eine Sperrminorität von 25 Prozent plus eine Aktie. Preussag gibt sein Engagement erwartungsgemäß ganz auf.

One Equity Partners hat von seinem künftigen Anteil je 15 Prozent der ThyssenKrupp-Gruppe und Ferrostaal, dem Handelshaus von MAN, zum Kauf angeboten.

Nun wird mit Spannung erwartet, wie ThyssenKrupp reagiert. Dem Stahlkonzern gehören die Werften Thyssen Nordseewerke und Blohm & Voss. Auch auf Druck der Politik haben Babcock Borsig und ThyssenKrupp seit Jahren an einem Verbund ihrer Werften gearbeitet, um vor allem beim Bau von Fregatten und U-Booten international wettbewerbsfähig zu bleiben. In den vergangenen Monaten waren die Gespräche ins Stocken geraten. Die Konzerne hatten sich gegenseitig der Blockade bezichtigt. Mit dem Angebot der Beteiligung an den HDW dürfte nun neue Bewegung in die Gespräche kommen.

Das Handelshaus Ferrostaal gilt als unverzichtbar für den Werftenverbund, weil es den so genannten Offset übernimmt. Bei Milliardengeschäften mit dem Ausland verlangen die Regierungen in der Regel Gegengeschäfte für die Vergabe der Aufträge nach Deutschland.

Auf Anfrage der Financial Times Deutschland erklärte US-Finanzinvestor Guy Wyser-Pratte, der fünf Prozent an Babcock-Borsig hält, die Neuordnung der HDW-Beteiligungsstruktur sei eine „sehr smarte Transaktion – ein echter Coup“.

Tatsächlich wird durch das Geschäft die Bilanz der krisengeschüttelten Babcock Borsig verbessert, da frisches Geld in die Kasse fließt. „Zudem hat Babcock Borsig in zwei Jahren die Möglichkeit, eine Mehrheit an den HDW per Vorkaufsrecht zurückzuerwerben und dann eine sichere Zweidrittelmehrheit zu halten. Die unternehmerische Führung haben sie ja ohnehin“, ergänzte Wyser-Prattes deutscher Sprecher Markus Elsässer.

Ähnlich positiv wurde die Neuordnung an der Börse nur vorübergehend bewertet. Der Kurs der Babcock-Borsig-Aktie stieg bis zum frühen Nachmittag um zehn Prozent auf 9,65 Euro. Dabei spielte auch eine Rolle, dass die Deutsche Bank bekannt gab, sie halte jetzt einen Anteil von 8,8 Prozent an Babcock Borsig. Am Nachmittag gab die Aktie ihre Gewinne aber vollständig wieder ab und schloss sogar mit einem Minus von 1,1 Prozent bei 8,65 Euro.

Zitat:

„Eine sehr smarte Transaktion – ein echter Coup“ – US-Investor Guy Wyser-Pratte

Katrin Berkenkopf, Köln, und Tasso Enzweiler, Düsseldorf

Quelle: Financial Times Deutschland

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