Exklusiv Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) sieht den Bericht der Fokusgruppe der Bundesregierung für eine Reform der privaten Altersvorsorge als verpasste Chance. Die Leiterin des Teams Finanzmarkt Dorothea Mohn hat für den Verband teilgenommen. Im Interview mit dem Versicherungsmonitor zieht sie Bilanz zu den Verhandlungen, spricht über eine mögliche Aufstockung der sogenannten Aktienrente und ihre Erwartungen an eine Reform der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge.
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Sehr geehrter Herr Tauber,
sehr geehrte Redaktion des Versicherungsmonitors,
es ist immer wieder aufschlussreich, wenn Sie Interviews wichtiger Akteure des Finanzmarktes
veröffentlichen, wie kürzlich das mit Dorothea Mohn, Leiterin des Teams Finanzmarkt bei der
Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Darin gibt sie ihrer Enttäuschung Ausdruck und
sagt, dass ihre Mitarbeit in der Fokusgruppe Altersvorsorge des Bundesfinanzministeriums „vor
allem Zeit gekostet hat“ und nicht das vom VZBV gewünschte Ergebnis lieferte. Dieser möchte ja
einen „Vorsorgefonds“ nach dem Vorbild des schwedischen Staatsfonds „AP7“ für eine zusätzliche
private Altersvorsorge einführen.
Da kann ich nur sagen: Gerne hätten wir vom Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute
(BVK) unsere Expertise eingebracht und wären wahrscheinlich konstruktiver aufgetreten als Frau
Mohn. Dass diese – wie immer – die Versicherungs- und Vermittlerbranche schlechtredet und
behauptet, die Verbraucher würden sie „mitfüttern müssen“: Geschenkt.
Doch mit einem „Vorsorgefonds“ oder Staatsfonds wäre den Vorsorgesparern überhaupt nicht
geholfen: Denn dieser krankt daran, dass man mit einem Standardprodukt alle Vorsorgesparer
gleich beglücken will. Hier werden also auch individuelle Wünsche und Bedürfnisse des Vorsorgesparens einfach ignoriert. Auch soll der „Vorsorgefonds“ im Opt-out-Verfahren im Rahmen von
Beschäftigungsverhältnissen abgeschlossen werden, also ohne eine Beratung. Das lehnen wir
im Verbraucherschutz- und Vermittlerinteresse entschieden ab.
Hinzu kommt noch, dass der „Vorsorgefonds“ erst einmal aufgebaut werden soll und Kapital
sammeln muss, um an den Börsen eine Rendite zu erwirtschaften. Dies wird Jahrzehnte brauchen,
und bis dahin wird jede in Rente gehende Generation erst mal nichts oder kaum was von
diesem „Vorsorgefonds“ haben. Außerdem wird mit Renditen von durchschnittlich fünf Prozent
kalkuliert. Es ist aber fraglich, ob das für die Zukunft realistisch ist. Außerdem soll er in Trägerschaft
einer öffentlichen Institution verwaltet werden. Dies könnte dazu führen, dass in Zeiten
klammer Staatskassen, die Regierung versucht sein könnte, das bis dahin angehäufte milliardenschwere Kapital des „Vorsorgefonds“ anzuzapfen und das Geld sachfremd zur Konsolidierung des Staatshaushalts zu verwenden.
Unverständlich ist auch, warum angesichts der problematischen demografischen Entwicklung
Frau Mohn Sympathien dafür hegt, – wie Sie sagt – die gesamte Vorsorge mit der gesetzlichen
Rentenversicherung durchzuführen. Hier pumpt doch schon jetzt der Staat aufgrund des zunehmendes
Missverhältnisses zwischen Beitragszahlern und Rentenempfängern jedes Jahr
110 Milliarden Euro ins System, um das Leistungsniveau für Rentner zu halten.
Also einen vermeintlichen Neustart der Altersvorsorge unter einem neuen Namen braucht es
unserer Meinung nach nicht und würde nur dazu führen, Bürgervertrauen zu beschädigen und
die bisher 16 Millionen Riester-Sparer vor dem Kopf zu stoßen. Stattdessen unterbreiteten wir
Reformvorschläge für die Riester-Rente, die relativ einfach umzusetzen wären:
1. Entbürokratisierung des staatlichen Zulagenverfahrens
2. Erweiterung des Empfängerkreises
3. Dynamische Anpassung der Förderzulagen und des Sonderausgabenabzugs, orientiert
an der allgemeinen Preisentwicklung
4. Auflösung der 100-prozentigen Kapitalgarantie, damit die Riester-Anbieter chancen- und
renditereichere Investments tätigen, die später den Vorsorgesparern zugutekommen
könnten.
Diese und weitere Reformvorschläge für die notwendige private Altersvorsorge hätten wir bereitwillig
in die Fokusgruppe eingebracht sowie diskutieren wollen und hätten dies bestimmt nicht als
zeitaufwendig angesehen.
Mit freundlichen Grüßen,
Michael H. Heinz
Präsident des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute
(BVK)