Trotz eines von vielen Risiken geprägten Finanzsystems steht die Versicherungswirtschaft vergleichsweise gut da, glaubt der Gesamtverband der Versicherer (GDV). Die Unternehmen profitierten von soliden Solvenzquoten und einer normalisierten Zinsstrukturkurve mit höheren Laufzeitprämien für längerfristige Anlagen, schreibt der GDV in seinem aktuellen Finanzstabilitätsbericht. Insgesamt blieben aber auch Versicherer verwundbar. Für deutsche Anbieter sind klimabezogene Risiken ein zentrales Thema und ein strategischer Schwerpunkt.
Archiv ‘Nachhaltigkeit’
Ein Blick ins Jahr 2026: Zwischen Regulierung, Resilienz und Kundenzentrierung
Mit einer Mischung aus Zuversicht und Anspannung schaut die Versicherungsbranche ins Jahr 2026. Kaum ein anderes Segment der Finanzwirtschaft steht unter einem vergleichbaren Reform- und Innovationsdruck. Politische Weichenstellungen, neue Risiken und die Digitalisierung treiben einen Strukturwandel voran, der weit mehr ist als eine Modernisierung von IT-Systemen, schreibt Anke Zeller, Industry Leader Insurances bei Cognizant.
ESG-Berichte werden besser
Die deutschen Versicherer haben 2024 die Qualität ihrer Nachhaltigkeitsberichterstattung deutlich verbessert. Das zeigt die neue ESG-Analyse (Environment, Social und Governance) von Zielke Rating und Zielke Research Consult, die 50 deutsche Versicherer bewertet. Die Zurich Gruppe Deutschland hat es erstmals an die Spitze des Rankings geschafft, auf Platz 2 ist die Versicherungskammer Bayern. Während einige Versicherer Nachhaltigkeit als Werttreiber begreifen, nutzen andere die regulatorische Situation, um Transparenz zurückzuschrauben, meint Analyst Carsten Zielke.
Wir würden ja gerne, aber leider…
Der Versichererverband GDV erklärt in einem Positionspapier, dass die Branche gerne in erneuerbare Energien investieren würde. Doch leider gibt es etwas, das dieses Bestreben unmöglich macht: die Bürokratie. Damit sich das ändert, müsste laut GDV vor allem der Staat tätig werden. Es entsteht der Eindruck, dass das Interesse der Branche an Investitionen in Erneuerbare womöglich doch gar nicht so groß ist.
Regulatorik treibt Nachhaltigkeitsanstrengungen
Die Regulatorik ist der Haupttreiber für die aktuellen Bemühungen der Versicherer in Sachen Nachhaltigkeit, in Zukunft verschiebt sich der Fokus aber zunehmend auf Themen wie das Management von Risiken. Das ist ein Ergebnis einer Befragung von 35 deutschen und österreichischen Anbietern. Sie sind mehrheitlich zuversichtlich, dass sie die Herausforderungen in dem Bereich stemmen werden. Und: Net-Zero-Ziele sind im Underwriting derzeit eher die Ausnahme.
Transitionsrisiken: Ferma kritisiert Deckungslücken
Industrieversicherer geloben gern, ihre Kunden beim Umgang zur Netto-Null-Emissionen bestmöglich zu unterstützen. Laut einem Whitepaper der europäischen Risikomanagervereinigung Ferma ist es damit aber nicht weit her. Sie kritisiert Deckungslücken, Ausschlüsse und Kapazitätsengpässe – bei alten „braunen“ Risiken wie Kohle, aber auch bei neuen „grünen“ Risiken wie Offshore-Wind- und Solarfarmen. Während Versicherer auf spärliche Daten verweisen, sieht Ferma auch einen Mangel an Expertise bei den Anbietern.
Büchter: Preise sinken für gute Risiken
Die Industrieversicherung zeigt sich „diffus und heterogen“, berichtet Kai-Frank Büchter (rechts), Aon-Chef für die DACH-Region, im Interview mit dem Versicherungsmonitor. Aber Büchter und sein Stellvertreter Hartmuth Kremer-Jensen sehen einen Gesamttrend bei den Preisen, der nach unten zeigt. Beide warnen vor dem Risiko der Unterversicherung, das in der Hartmarktphase größer geworden ist. „Die Deckungen sind an vielen Stellen durchlöchert.“
Nachhaltigkeitsberichte: „Zu viel Prosa“
Exklusiv Die EU will ihre erst Anfang des Jahres eingeführten Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung wieder abschwächen, Stichwort Bürokratieabbau. Aktuell diskutieren Gremien und Interessenvertreter darüber, wie sich ernsthafte Bestrebungen zu mehr Nachhaltigkeit mit weniger regulatorischen Hürden verbinden lassen. Im Interview erklären die GDV-Experten Margarita Winter und Götz Treber, wieso die Verschlankung notwendig ist und wie die nachhaltige Transformation dennoch gelingen kann.
Die Munich Re zaudert beim Klima
Exklusiv Die Munich Re, einst als Vorzeigeunternehmen im Kampf gegen die Klimakrise gefeiert, verabschiedet sich gleich aus mehreren internationalen Klima-Initiativen. Das Unternehmen betont, dass es an seinen Klimazielen festhält. Die Allianz erklärt, dass sie Mitglied in der Net Zero Asset Owner Alliance bleibt. Experte Carsten Zielke glaubt, dass der Rückversicherer seinen Entschluss noch bereuen könnte.
Warnungen vor dem Omnibus
Oppositionspolitiker warnen vor einer Verzögerung der nachhaltigen Transformation der deutschen Wirtschaft unter anderem wegen der geplanten Abschwächung von Nachhaltigkeitsberichtspflichten. Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen fragen die Bundesregierung in einer Anfrage, wie sich das Omnibus-Paket auf die Datenverfügbarkeit zur Messung solcher Risiken für Finanzunternehmen auswirkt. Der Vermittlerverband AfW hat unterdessen einen Aufruf unterzeichnet, der vor einem Substanzverlust bei der Nachhaltigkeitsrichtlinie CSRD warnt.
Insurance Europe begrüßt ISSB-Vorschlag
Die europäischen Versicherer unterstützen den Vorschlag des Gremiums für internationale Nachhaltigkeitsstandards ISSB für den Wegfall einiger Berichtspflichten. Bestimmte Emissionen aus dem Versicherungsgeschäft müssen demnach nicht mehr verpflichtend offengelegt werden. Der Verband Insurance Europe findet das richtig, schreibt er in seiner Rückmeldung. Die Versicherer klagen seit längerem über ausufernde Vorschriften. Es gibt aber auch Kritiker.
Omnibus verspätet sich
Das Omnibuspaket der Europäischen Kommission wird dieses Jahr nicht mehr kommen. Mit dem Paket will sie die erst Anfang des Jahres in Kraft getretenen Nachhaltigkeitsberichtspflichten wieder aufweichen. Nun gewährte die zuständige EU-Kommissarin Maria Luís Albuquerque der Europäischen Beratungsgruppe zur Rechnungslegung mehr Zeit zur Konsultation der Änderungen – wodurch sich die Einführung von Omnibus verzögert. Für Analyst Carsten Zielke steht damit das ganze Projekt in Frage.
Transformation ist ein Charaktertest
Digitaler Dienstag Transformation zeigt nicht nur, was möglich ist. Sie zeigt vor allem, wer wir wirklich sind, wenn es unbequem wird. In keinem anderen Kontext tritt die Diskrepanz zwischen Selbsterzählung und gelebter Wirklichkeit so schonungslos zutage wie in Zeiten tiefgreifender Veränderung. Es ist leicht, Wandel zu fordern – ihn zu verkörpern, ist aber etwas völlig anderes. Und noch schwieriger wird es, wenn Transformation nicht als Story und Projekt verstanden wird, sondern als echter kultureller Reifeprozess.













