Schwere Krise bei der Swiss Life

Konzernchef Manfred Zobl tritt zurück · Expansionsstrategie des Lebensversicherers auf dem Prüfstand

Von William Hall, Zürich und Herbert Fromme, Frankfurt Die schwere Krise beim führenden Lebensversicherer der Schweiz, Rentenanstalt/Swiss Life, nahm gestern eine dramatische Wendung, als Konzernchef Manfred Zobl mit Wirkung vom 28. Februar zurücktrat und das Unternehmen eine grundlegende Neubestimmung seiner Strategie begann. Der Rücktritt folgte nur nach Tage nach der Ankündigung Rolf Hüppis, Konzernchef bei der Zurich Financial Services, sich Mitte des Jahres aus der Konzernleitung zurückzuziehen und auf die Rolle des Verwaltungsratspräsidenten zu beschränken.

Die Aktienkurse beider Unternehmen waren im letzten Jahr drastisch eingebrochen. Peter Jecklin, Sprecher des Bundesamtes für Privatversicherungswesen, bestätigte gestern, dass die Versicherungsaufsicht Informationen über die Finanzlage der Konzerne angefordert habe.

Als Grund für Zobls Rücktritt nannte die Swiss Life wortkarg „unterschiedliche strategische Auffassungen mit dem Verwaltungsrat“. Zum Nachfolger wurde Roland Chlapowski, 50, ernannt, ein belgischer Staatsbürger, der bisher für das Schweizer Geschäft des Konzerns zuständig war. Finanzchef Dominique Morax, ein enger Weggefährte Zobls und ebenfalls heftig unter Beschuss, bleibt auf seinem Posten.

Zobl, der 1993 Chef der damaligen Schweizerischen Rentenanstalt wurde, und sein Finanzchef Morax krempelten den Konzern gründlich um. Ein erster Höhepunkt war die Umwandlung aus einem Versicherungsverein in eine Aktiengesellschaft. Die Änderung des Namens in Swiss Life war Programm: Denn Zobl und Morax wollten den traditionellen Lebensversicherer zu einem Global Player umbauen. Dann ging es Schlag auf Schlag mit der internationalen Expansion, die Swiss Life kaufte zahlreiche Firmen und Beteiligungen, darunter Asset Manager, Finanzberatungen, Beteiligungsgesellschaften, die Banca del Gottardo und das Frankreich-Geschäft des Fortis-Konzerns.

Mit 19,3 Mrd. Franken Umsatz im Jahr 2000, davon 14,7 Mrd. Franken Versicherungsprämien, blieb die Swiss Life aber trotzdem nur ein Spieler im Mittelfeld. Als schließlich die Aktienkurse einbrachen, trat die Krise offen zu Tage. Erstens fehlt der Swiss Life Ertrag aus Aktienverkäufen, zweitens kann sie ihre eigenen Aktien kaum als Währung einsetzen.

Die seit Jahren schwache Verfassung der Schweizer Börse hatte noch einen weiteren Kapital verzehrenden Effekt: Wie fast alle Schweizer Lebensversicherer konnte die Swiss Life die vier Prozent gesetzlich verlangte Mindestverzinsung für die in der Schweiz obligatorische betriebliche Altersvorsorge kaum erwirtschaften, ohne in riskante Anlageformen wie Hedge Funds auszuweichen und zu versuchen, aus ihren Private-Equity-Geschäften schnell Dividenden zu ziehen.

Der neue Konzernchef Chlapowski will jetzt mit einem Sparprogramm von 600 Mio. Franken gegensteuern. Eine Kapitalerhöhung soll es nicht geben. Der Gewinn für 2001 wird kaum mehr als 100 Mio. Franken betragen, nach 924 Mio. Franken. Die Dividende fällt möglicherweise aus.

Ob die Swiss Life es schaffen wird, sich aus eigener Kraft aus ihren Schwierigkeiten zu befreien, ist umstritten. Manche Analysten glauben, dass Zobls Abgang das Zusammengehen der Swiss Life Partner beschleunigen könnte.

Bild(er):

Der zurückgetretene Chef der Swiss Life Manfred Zobl (r.) und sein Nachfolger Roland Chlapowski – Keystone/Walter Bieri

Leitartikel Seite 37.

Quelle: Financial Times Deutschland

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