Schiffsregister des Bürgerkriegslandes öffnet neues Büro · Politischer Druck ebbt ab
Das Schiffsregister von Liberia kommt nach Deutschland. Mit der Eröffnung eines Büros in Hamburg noch in diesem Jahr will das US-Unternehmen Liberian International Ship & Corporate Registry (LISCR) seinen Marktanteil bei deutschen Reedern weiter ausbauen. LISCR ist ein privates Unternehmen, das weltweit das Liberia-Schiffsregister vermarktet und verwaltet.
Erst vor wenigen Wochen hatte der Verband Deutscher Reeder (VDR) erwogen, wegen der politischen Situation im Bürgerkriegsland Liberia die Aufgabe dieser Flagge zu empfehlen. Dem Register wäre damit einer seiner wichtigsten Kunden verloren gegangen.
„Deutschland spielt eine führende Rolle in der internationalen Schifffahrt“, sagte Yoram Cohen, Geschäftsführer von LISCR. Weltweit fahren fast 2000 Schiffe unter der Flagge Liberias. Mehr als 20 Prozent davon gehören deutschen Schiffseignern. Eine besondere rechtliche Konstruktion ermöglicht es ihnen, gleichzeitig Steuervorteile in Deutschland zu genießen und unter ausländischer Flagge zu fahren. Liberia ist dabei besonders beliebt: Zum einen sind die Personalkosten an Bord niedriger als unter deutscher Flagge, zum anderen gibt es ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen beiden Ländern. Die Sicherheitsstandards des LISCR gelten dagegen als hoch.
LISCR geriet unter Verdacht, mit der regelmäßigen Überweisung seiner Einnahmen an die Regierung Liberias den früheren Präsidenten Charles Taylor zu lange gestützt zu haben. Die UN sieht aber eine missbräuchliche Verwendung des Geldes bislang nicht als erwiesen an und hat daher keine Empfehlung ausgesprochen, Schiffe umzuflaggen.
VDR-Geschäftsführer Hans-Heinrich Nöll erwog im August kurzzeitig, einen Rückzug aus dem liberianischen Register zu empfehlen. Nach dem Abtritt von Taylor sah er dazu allerdings keinen Grund mehr. Auch Rainder Steenblock, schifffahrtspolitischer Sprecher der Grünen, hat seinen Boykottaufruf der Liberia-Flagge zurückgezogen. „Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt“, erklärte er. „Das Geld wird nun dringend für den Wiederaufbau des Landes gebraucht.“
Für das geplante Büro in Hamburg bleibt dennoch genug Lobbyarbeit zu tun. Auch wenn der politische Druck auf deutsche Reeder nachlässt, könnten viele Schiffe die Flagge bald aufgeben. Schließlich haben die Reeder Bundeskanzler Gerhard Schröder versprochen, innerhalb der nächsten zwei Jahre mindestens 100 Schiffe wieder unter deutsche Flagge zu bringen. Im Gegenzug dafür sagte der Kanzler höhere Subventionen zu: Die Reeder dürfen ab nächstem Jahr 80 Prozent der von den in Deutschland steuerpflichtigen Seeleuten bezahlten Lohnsteuer einbehalten. Bislang waren es nur 40 Prozent.
Katrin Berkenkopf
Quelle: Financial Times Deutschland
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