Die wirtschaftlichen Aussichten für das nächste Jahr verdüstern sich zusehends. Für Interim-Manager verspricht das mehr Geschäft. „Die Branche bereitet sich auf 2013 vor, wir erwarten deutlich mehr Restrukturierungen“, sagt Michael Pochhammer, Geschäftsführer bei Signium International, einem Unternehmen, das Interim-Manager vermittelt. „Die Nachfrage war dieses Jahr schon nicht schlecht, für 2013 erwarten wir deutlich mehr Anfragen“, sagt er.
Geraten Unternehmen in die Krise, werden häufig externe Problemlöser auf Zeit ins Unternehmen geholt. Interim-Manager springen ein, wenn ein wichtiger Mitarbeiter eine Babypause einlegt, der Finanzchef abspringt oder ein Unternehmen in schwere Probleme gerät.
Restrukturierung und Sanierung von Unternehmen sind klassische Betätigungsfelder für Interim-Manager – auch wenn sie nicht mehr den größten Teil der Arbeit für Manager auf Zeit ausmachen. Zwischen 20und 35 Prozent der Aufträge entfallen auf Krisenmanagement, schätzt Pochhammer, dessen Firma sich auf das Vermitteln von Führungskräften in der ersten und zweiten Managementebene spezialisiert hat. Bei Firmen, die sich nicht nur auf Spitzenpositionen konzentrieren, ist der Anteil sogar noch kleiner.
Der Beruf des Interim-Managers hat in Deutschland noch eine relativ kurze Geschichte. Während in den Niederlanden und Skandinavien schon lange Zeitarbeiter als Chefs tätig sind, ging es in Deutschland erst nach der Wiedervereinigung los. „Der Begriff Interim-Manager war in den 1990ern durch den Zusammenhang mit der Treuhand etwas belastet“, sagt Pochhammer. Die Mietmanager haben sich in dieser Zeit einen Ruf als rücksichtslose Plattmacher erworben. Das hat sich wieder geändert.
Denn wer erfolgreich ein Unternehmen wieder auf die Beine stellen will, braucht neben Fachwissen auch Soft-Skills. „Restrukturierung und Sanierung ist keine Spielwiese für Einzelkämpfer“, erläutert Eugen Angster, Geschäftsführer von Interim International und Vorsitzender des Bundesverbands Restrukturierung, Sanierung und Interim Management (BRSI). „Da muss man die unterschiedlichen Akteure koordinieren und zwischen Unternehmer und Finanzierer vermitteln. Entscheidend ist die Fähigkeit zur Kommunikation zwischen den Interessengruppen. Die ist in der Krise meist gestört.“
Der Unternehmer selbst könne in einer solchen Krisensituation nur schwer eine sachliche Zusammenarbeit der Beteiligten erreichen, sagt Angster. Nicht zuletzt deshalb setzte sich die Erkenntnis durch, dass es sinnvoll ist, dafür einen externen Manager ins Boot zu holen, stellt Angster fest. „Der kann damit auch ganz anders umgehen als jemand, dem das zum ersten Mal passiert und der entsprechend unter Druck steht.“
Ein guter Sanierer sollte selbst jahrelang in der Industrie gearbeitet haben, idealerweise im allgemeinen Management. „Er braucht den Gesamtüberblick. Zehn Jahre Vertriebsvorstand wäre da nicht ausreichend.“ Außerdem muss er die Fälle erkennen, in denen das Konzept für eine Firmenrettung nicht aussichtsreich ist – und entsprechend reagieren, sagt Angster: „Dann muss man den Mut und die Vernunft haben, das abzulehnen.“
Experten, die in schweren Unternehmenskrisen wissen, was zu tun ist, sind allerdings selten. Pochhammer von Signium hat in den vergangenen Jahren 1200 Interim-Manager vermittelt, davon haben 300 Restrukturierungserfahrung.
Auch deshalb ist die Bezahlung für den Einsatz bei Unternehmenskrisen deutlich höher als in Situationen, in denen nur ein Lückenfüller für eine vakante Position gebraucht wird. „Tagessätze über 2000 Euro erreichen nicht viele, das wird nur für sehr anspruchsvolle Tätigkeiten gezahlt“, sagt Anselm Görres, Geschäftsführer und Inhaber von Zeitmanager München (ZMM). Ein Interim-Manager, der als CEO oder CFO bei einem angeschlagenen Unternehmen einsteigt, kann mit einer rund 20 Prozent höheren Vergütung rechnen als für die gleiche Position bei einem gesunden Unternehmen, sagt Görres.
Die Konkurrenz um die Restrukturierungsaufträge ist groß. Neben den Interim-Managern buhlen auch große Unternehmensberater und darauf spezialisierte Restrukturierungsgesellschaften wie Alix Partners oder Alvarez & Marsal um die lukrativen Beschäftigungen. „Wir kommen vor allem zum Zuge bei Unternehmen, die klein genug sind, dass ein Einzelner sie sanieren kann“, sagt Görres. Die spezialisierten Restrukturierungsberater rücken dagegen häufig mit ganzen Teams an. „Die Sanierung eines großen Unternehmens ist eine Teamaufgabe“, sagt Görres.
Auch in Fällen, in denen es eigentlich schon zu spät ist, also der Insolvenz, können Interim-Manager zum Zuge kommen. „Das neue Insolvenzrecht hat die Eigenverwaltung gestärkt, dabei kann das alte Management weiter arbeiten, allerdings unter Aufsicht eines Sachwalters und häufig ergänzt durch einen sogenannten Chief Restructuring Officer“, sagt Anwalt Wolfram Desch von der Kanzlei Görg, die unter anderem das Karstadt-Insolvenzverfahren leitete. „Dabei werden auch Manager auf Zeit mit Sanierungshintergrund eingesetzt, weil in so einer Situation viel Fachwissen und Erfahrung in Sanierungen gebraucht wird“, sagt er.
Quelle: Financial Times Deutschland
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