Prämienerhöhungen von mehr als 400 Prozent, massive Kapazitätsengpässe, sich ständig verschlechternde Bedingungen: Im Markt für Managerhaftpflichtversicherungen sieht es derzeit alles andere als rosig für die Industriekunden aus. Die ohnehin angespannte Lage hat sich durch die Pandemie noch verstärkt. Die Versicherer fürchten eine Insolvenzwelle und fordern noch mehr Informationen, berichteten Teilnehmer einer virtuellen Fachkonferenz des Gesamtverbands der versicherungsnehmenden Wirtschaft. Entspannung könnte die Verlagerung von D&O-Risiken auf eine Captive bringen.
Archiv ‘D&O’
Cyber, D&O und Zahlen
Was die Woche bringt An dieser Stelle nehmen wir die Themen der kommenden Woche in den Blick und stellen wichtige Branchentermine vor. Dieses Mal: Große Branchenkonferenzen vom GVNW und der Ratingagentur Standard & Poor’s, sowie die Jahreszahlen von Talanx und R+V
D&O-Underwriting von 0 auf 100
The Long View – Der Hintergrund In den vergangenen Monaten – und speziell bei den Vertragsverlängerungen zum 1. Januar 2021 – haben sich die „Spielregeln“ in der Managerhaftpflichtversicherung teilweise gravierend und oftmals ohne Vorwarnung geändert. Die Ansprache einiger Anbieter hat sich in kürzester Zeit von einem „Darf es noch etwas mehr sein?“ zu einem „Nein, das machen wir nicht!“ gewandelt. Als D&O-Spezialversicherer sind wir der Meinung, dass beide kategorischen Ansätze nicht zielführend sind und einer nachhaltigen Kundenverbindung im Wege stehen.
Greensill wird teuer
Investoren, Banken und Versicherer dürften hohe Summen durch den Greensill-Skandal verlieren. Zwar haben die Versicherer in einem der beiden Programme ihre Verträge zur Absicherung von Krediten zum 1. März 2021 gekündigt – aber es dürfte schon in den Monaten zuvor große Schäden gegeben haben. Neben einem von Tokio Marine geführten australischen Konsortium gibt es ein europäisches Konsortium, an dem große Adressen beteiligt sein sollen. Auch Banken stehen im Feuer, vor allem die Credit Suisse. Das könnte Auswirkungen auf D&O-Versicherer haben.
Zeit für den Plattform-Gipfel
Herbert Frommes Kolumne Die Industrieversicherung hat ein großes Problem: Es fehlt eine gute und von allen akzeptierte Plattform für den Datenaustausch, für Quotierungen und Schadenverfolgung. Was die Autobauer und Zulieferer mit ihrem Odette-System seit Jahren vorexerzieren, kriegen die Beteiligten an der Industrieversicherung nicht hin. Die Kundenseite ist immer weniger bereit, das zu akzeptieren, und sucht Lösungen. Die sollte sie schnell gemeinsam mit Maklern und Versicherern finden. Wenn die Marktteilnehmer sie nicht selbst aufbauen, kommt eine Lösung sehr wahrscheinlich von außen.
D&O als Gruppenversicherung?
Legal Eye – Die Rechtskolumne Die Finanzaufsicht BaFin hat im letzten Jahr den Entwurf eines Rundschreibens zu Gruppenversicherungsverträgen veröffentlicht, der neue Anforderungen für Gruppenversicherungen enthält. Sollte dieses Rundschreiben zukünftig auch auf die D&O-Versicherung anwendbar sein, wären die Versicherer mit einer Vielzahl neuer regulatorischer Anforderungen konfrontiert. Dies wäre zugleich eine Chance, über eine Digitalisierung der D&O-Versicherung nachzudenken.
Aon beklagt „Heckenschützenmentalität“
Exklusiv In der deutschen Industrie hat sich viel Wut über das Verhalten der Versicherer in der jüngsten Erneuerungsrunde aufgebaut, haben Kai-Frank Büchter (Bild) und Hartmuth Kremer-Jensen beobachtet. Der Chef und der Vizechef der Industrieversicherungsseite bei Aon kritisieren Intransparenz, erdrutschartig späte Aktionen der Versicherer und rabiate Preiserhöhungen. An die Kosten müsse die Branche unbedingt ran, sagt Büchter. Im Interview geht es auch um die Maklerfusionen und die Auswirkungen der Pandemie auf Aon.
Industriedeckungen werden weltweit deutlich teurer
Die Preise in der Industrieversicherung haben weltweit im vierten Quartal 2020 erneut zugelegt und sind jetzt seit 13 Quartalen in Folge gestiegen, berichtet der Großmakler Marsh. Im Fokus der Erhöhungen stehen die industrielle Sachversicherung und D&O-Policen. Im Schnitt wurden sie im vierten Quartal global um 22 Prozent teurer. Doch es gibt auch gute Nachrichten für Kunden: Marsh sieht Anzeichen dafür, dass sich die Prämienentwicklung stabilisiert.
Finlex: Versicherer sind zu intransparent bei Renewals
Exklusiv Die jüngsten Vertragserneuerungen in der Industrieversicherung waren geprägt von unzufriedenen Gesichtern. Dass Versicherer pauschal ihre Preise erhöht und Kapazitäten reduziert haben, stieß bei vielen Kunden auf Unverständnis. Sebastian Klapper, Geschäftsführer des Plattformbetreibers Finlex, kann das nachvollziehen. „Wenn dem Kunden aufgezeigt wird, wie der Markt sich gerade situiert und was die Folgen sind, dann ist der Prämienanstieg für ihn viel verständlicher“, sagt er im Interview. Er fordert mehr Transparenz von den Versicherern.
Vorsicht vor der Insolvenzwelle
Die verlängerte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht kann eine Pleitewelle nicht verhindern. Sie birgt Risiken für Unternehmen, die vorschnell davon Gebrauch machen. Das wurde auf der Euroforum-Haftpflichtkonferenz deutlich. Der Fachanwalt für Insolvenzrecht Lucas Flöther warnte, dass Unternehmensführer die Aussetzung fälschlich als voraussetzungslos einstuften. Sie riskierten den Vorwurf der Insolvenzverschleppung – letztlich auf Kosten der D&O-Versicherer. Theo Päffgen vom Fonds für Prozessfinanzierung Harbour Litigation Funding widersprach dem Vorwurf, dass sein Geschäftsmodell auf Kosten der Versicherer geht.
D&O: AIG will Deckungen einschränken
Risikomanager müssen sich beim Einkauf von D&O-Versicherungen weiter auf schwierige Zeiten einstellen. Die Kapazitäten bleiben knapp und die Bedingungen werden sich deutlich verschlechtern. So prüfe AIG, einer der Marktführer in der Sparte, den Ausschluss von Insolvenzrisiken, sagte Dennis Froneberg, Leiter des Bereichs Financial Lines, auf der Euroforum-Haftpflichtkonferenz. Auch Nachmeldefristen sollen künftig verfallen. Das Vorhaben ist rechtlich umstritten. Froneberg sagte nach der Konferenz, er habe dabei immer nur Einzelfallprüfungen gemeint.
„Da war ich das erste Mal in meiner Karriere wütend“
Die Verhärtung des Marktes in der Industrieversicherung sorgt für schlechte Stimmung zwischen Kunden und Anbietern. Auf der Euroforum-Haftpflichtkonferenz berichtet Frank Gartmann vom Energiekonzern E.on anschaulich über die Probleme, die die vergangene Erneuerung mit sich brachte. Zum ersten Mal in seiner Karriere sei er richtig wütend geworden. HDI Global-Vorstand Mukadder Erdönmez gestand Fehler in der Kommunikation mit Industriekunden ein, kündigte aber an, dass die Preiserhöhungen in den kommenden Erneuerungsrunden weiter gehen werden.
Wer überlebt und profitiert
Was die Woche bringt An dieser Stelle nehmen wir die Themen der kommenden Woche in den Blick und stellen wichtige Branchentermine vor. Dieses Mal: Erster Teil des SZ-Versicherungstags, Euroforum-Haftpflichtkonferenz und Jahrespressekonferenz des GDV
Neue Restrukturierungsregeln wirken sich auf D&O aus
The Long View – Der Hintergrund Kurz vor Weihnachten hat die Bundesregierung neue Regeln für die Restrukturierung von Unternehmen im Vorfeld einer Insolvenz beschlossen. Das Gesetz zur Stabilisierung und Restrukturierung von Unternehmen ist am 1. Januar 2021 in Kraft getreten. Es soll Unternehmen und Gläubigern ermöglichen, früher ins Gespräch zu kommen, wird aber zu einer deutlichen Verschärfung der Haftung von Unternehmensleitern führen. Damit hat das Gesetz auch Auswirkungen auf die Managerhaftpflichtversicherung, in der die Anbieter gerade ohnehin die Bedingungen verschärfen.
MLP will Industriemakler kaufen
Exklusiv Der Finanzvertrieb MLP verhandelt mit den Eignern der Firma RVM Versicherungsmakler in Eningen über eine Übernahme. Der Vertrieb will mit dem Industriemakler sein Angebot abrunden. Leicht dürfte eine solche Übernahme nicht werden, weil MLP immer noch der Geruch des Strukturvertriebs anhaftet. Für das Wieslocher Unternehmen macht das Angebot Sinn – und für die beiden Eigner von RVM könnte ein Verkauf richtig sein. Nachtrag vom 7. Januar 2020, 16 Uhr: MLP bestätigte am Nachmittag „aussichtsreiche Verhandlungen“ mit RVM.












